Berlin. Droht eine neue Teuerungswelle? Experten rechnen damit zunächst nicht. Restrisiken und Unsicherheiten dürften aber ständiger Begleiter bleiben.

Die Inflation zog zum Jahresende wieder an, von Höchstständen so wie im Herbst 2022 ist die Teuerungsrate in Deutschland und Europa derzeit weit entfernt. Dennoch bleiben Risiken mit Blick auf die Preise. Wichtige Fragen und Antworten.

Wie hat sich die Inflation zuletzt entwickelt?

Die Inflation in Deutschland hat zum Jahresende weiter an Tempo gewonnen. Die Verbraucherpreise lagen im Dezember um 2,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats – nach 2,2 Prozent im November. Im Gesamtjahr 2024 haben die Verbraucherpreise in Deutschland im Schnitt um 2,2 Prozent zugelegt. Damit habe die Inflation deutlich unter der Teuerungsrate der beiden Vorjahre gelegen, so das Statistische Bundesamt am Montag.

Mit welcher Teuerungsrate rechnen Ökonomen im neuen Jahr?

„Wir gehen davon aus, dass die Inflationsrate noch einige Zeit oberhalb der von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten zwei Prozent bleibt. Für den Jahresdurchschnitt 2025 rechnen wir mit 2,2 Prozent, der gleichen Rate wie im Vorjahr“, sagte Torsten Schmidt, Konjunkturchef am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen dieser Redaktion.

Haupttreiber der Teuerung dürften dem Experten zufolge die Dienstleistungen bleiben, bei denen die steigenden Lohnkosten an die Verbraucher weitergegeben werden. „Dieses Phänomen dürfte erst allmählich nachlassen“, so Schmidt weiter.

Nina Maria Brehl, Makroökonomin beim DIW Berlin, rechnet mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,0 Prozent im laufenden Jahr. Allerdings: „Preissteigernde Impulse stellen zum Jahresbeginn die schrittweise Anhebung des CO2-Preises auf Sprit, fossiles Gas und Heizöl sowie die Erhöhung des Deutschlandtickets dar. Insgesamt sollte sich die Inflation jedoch im Jahresdurchschnitt hin zum Zwei-Prozent-Ziel der EZB normalisieren“, so Brehl gegenüber dieser Redaktion.

Welche Risiken bestehen, dass es doch anders kommt?

„Ein Risiko für die Preisentwicklung ist, dass der Anstieg der Löhne stärker ausfällt als derzeit absehbar. Auch ein deutliches Anziehen der Energiepreise würde die Inflation wohl wieder verstärken“, umriss RWI-Ökonom Schmidt.

Darüber hinaus bleiben geopolitische Unsicherheiten. Ein möglicher Handelskonflikt mit den USA könnte die Preise auch innerhalb Europas wieder steigen lassen. Der designierte US-Präsident Donald Trump hat hohe Zölle auf Einfuhren aus Europa angekündigt. Die Europäische Union könnte mit Gegenmaßnahmen reagieren. Von einem solchen Zollkrieg wäre insbesondere die Exportnation Deutschland betroffen.

Auch eine weitere Eskalation im Konflikt zwischen China und Taiwan hätte wohl Auswirkungen auf Preise hierzulande, ebenso mögliche neue Attacken durch Huthi-Rebellen auf Containerschiffe im Roten Meer. Dann könnten wie schon während der Corona-Pandemie Lieferengpässe drohen. Experten gehen jedoch davon aus, dass viele Firmen auf eine solche Situation jetzt deutlich besser vorbereitet sind. Weil Lagerhaltung erhöht und Lieferketten diversifiziert worden sind, könnten Auswirkungen auf Preise dann geringer ausfallen.

Warum hat die EZB überhaupt das 2-Prozent-Ziel?

Aufgabe der Zentralbanker ist es, stabile Preise zu gewährleisten. Das sieht die EZB erreicht, wenn die Inflation im Euroraum mittelfristig 2,0 Prozent beträgt. Ein bisschen Inflation ist also gut, denn auch dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur. Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben in der Erwartung, dass es bald noch billiger wird. Gleichzeitig sind auch zu stark steigende Preise Gift für die Wirtschaft: Dann verlieren Verbraucher Kaufkraft, weil sie sich für einen Euro immer weniger leisten können und ihr Geld lieber zusammenhalten.

Die EZB selbst hat für ihre Geldpolitik unterschiedliche Werkzeuge. Eines ist, Zinsen zu senken oder zu erhöhen: Durch eine Zinserhöhung wird Geld teurer und die Aufnahme von Krediten unattraktiver, was sich negativ auf Investitionen und Konsum auswirkt. Eine dann sinkende Nachfrage führt zu einem Rückgang der Inflationsrate, so die Annahme.