Washington. Google, Amazon, Microsoft und Meta setzen auf den neuen Präsidenten, der sich oft über sie geärgert hat – und hoffen auf eine Sache.
„Große Möglichkeiten“, „goldene Zeiten“, „außergewöhnliches politisches Comeback“, „riesiger Erfolg“, „klarer Sieg“: Das waren die salbungsvollen Versatzstücke aus Grußbotschaften, die Donald Trump nach der Wahl im November von den Führern einiger US-Großunternehmen bekam, die jeder für sich mittlerweile durch ihre Finanzkraft ganze Volkswirtschaften durchschütteln können.
Das informelle Kartell der guten Wünsche, zu dem sich Microsofts Satya Nadella, Metas Mark Zuckerberg, Apples Tim Cook, Alphabets Sundar Pichai und Amazon-Gründer Jeff Bezos zusammengetan haben, um dem designierten 47. US-Präsidenten zu schmeicheln, ist kein Zufall.
Trump: In der ersten Amtszeit hatte er mit „Big Tech“ ein schwieriges Verhältnis
„Big Tech“ (gleich Silicon Valley) war über viele Jahre stramm den Demokraten zugetan, verschmähte Trump und hatte in der ersten Amtszeit des Republikaners (2017 bis 2021) sehr durchwachsene Erfahrungen mit dem oft unberechenbaren Populisten gemacht.
Nur ein Beispiel: Als Amazon 2019 das Rennen um einen Großauftrag des US-Verteidigungsministeriums für Cloud-Computing in zweistelliger Milliardenhöhe verlor, wurde das umgehend mit Gründer Jeff Bezos in Verbindung gebracht. Als Eigentümer der Hauptstadtzeitung „Washington Post“, die konstant kritisch über Trump berichtet, war Bezos in Ungnade gefallen. Auch darum hatte der Multi-Milliardär vor der jüngsten Wahl seinen Redakteuren eine Wahl-Empfehlung untersagt, die wie bei der New York Times auf Kamala Harris hinausgelaufen wäre.
Trump wieder im Amt: Jetzt geht „Big Tech“ vor ihm auf die Knie
Diesmal soll, angeführt von Tesla-Boss und Präsidenten-Chef-Berater Elon Musk, von Anfang an das Klima bereinigt sein, bevor der 45. Präsident als der 47. zurück auf die große Bühne tritt. „Big tech bends the knee”, schrieb ein US-Medium. Die großen Internet- und Daten-Konzerne gehen vor dem 78-Jährigen auf die Knie.
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Zu viel steht auf dem Spiel. Fast alle „Riesen“ sind von kartellrechtlichen Verfahren bedroht, die sie zerschlagen könnten. Selbst wenn die erst 35 Jahre alte Chefin der Wettbewerbsbehörde FTC, Lina Khan, bald gefeuert wird, können sich die Mega-Unternehmen vor Trumps Launen nicht wirklich sicher fühlen.
Trump beschwerte sich über Anti-Geschichten über ihn auf Google
Noch im Sommer jammerte Trump darüber, dass vor allem Meta/Facebook die Demokraten auf ihren Plattformen bevorzugt habe. Chef Mark Zuckerberg drohte er sogar mit Gefängnis. Inzwischen sind die Wogen geglättet. Zuckerberg hat bei Trump in Mar-a-Lago zu Abend gegessen und einen Millionen-Scheck für dessen Amtseinführung ausgestellt. Dafür gibt’s sechs Eintrittskarten für eine Reihe von Terminen, darunter ein Empfang mit dem künftigen Kabinett, ein „Candle-Light-Dinner“ mit Trump und Gattin Melania und den Zugang zu einem Ballabend.
Beim Suchmaschinen-Monopolisten Google hat sich bei Trump die Meinung gebildet, dass deren Algorithmen bevorzugt Anti-Geschichten über ihn ausspucken. Dass die noch wenige Tage amtierende Regierung von Joe Biden das Google-Monopol bei der Internet-Suche knacken und den Konzern zum Verkauf seines marktbeherrschenden Chrome-Browsers zwingen will, könnte Trump in die Hände spielen.
Trump beklagt Zensur – nur bei Musks „X nicht
Bei einer Rede vor dem Wirtschaftsklub von Chicago sagte er, dass eine Zerschlagung der großen US-Tech-Unternehmen am Ende nur China helfen würde. Für ein „gewisses Entgegenkommen“, so hieß es in US-Medien, könnte Trump den Kartellverfahren den Stecker ziehen. Das gilt auch und gerade für den aus China gesteuerten „Social Media“-Giganten Tiktok. Trump hat das Oberste Gericht in Washington gebeten, die juristischen Folgen eines verhängten Verkaufszwangs auszusetzen.
Eine heitere Schlittenfahrt wird das alles nicht. So hat Trumps neuer designierter Chef bei der Kommunikationsbehörde FCC, Brendan Carr, den Bossen von Apple, Meta, Alphabet/Google und Microsoft einen Warnschuss zukommen lassen. Er beklagte einen „noch nie dagewesenen Anstieg der Zensur“ auf den großen Internet-Portalen. Ausgenommen war ausdrücklich Elon Musk, der Chef des zur Trumps informeller Pressestelle mutierten Kommunikationsportals X.
Amazon, Google & Co. hoffen vor allem auf keine Fesseln bei KI
Musk ist es auch, der das übergeordnete Interesse der Branche nach vorne schiebt: Deregulierung, Zurückdrängen des Staates, freie Bahn für die selbst ernannten Weltenlenker. Die Technologieführer setzen darauf, dass Trump anders als die Europäische Union den Schrittmachern der Künstlichen Intelligenz (KI) keine Fesseln anlegt. Eine entsprechende Verordnung von Joe Biden soll darum kassiert werden. Außerdem werden Restriktionen gegenüber China beim Chip-Export erwartet, damit der technologische Vorsprung der USA gehalten werden kann.
Damit die „Großen“ in der Zukunft aussichtsreiche Start-ups aufsaugen können, sollen zudem Fusionen und Übernahmen erleichtert werden. Google & Co. glauben, dass man sich Trump mit Ehrerbietung, Lob und viel Geld gewogen machen kann.
Auch mit Duzfreund Musk ist sich Trump nicht immer einig
Dass der designierte Präsident plötzlich ein Freund von Krypto-Währungen ist, gehe auf eben diese „Strategie der Umarmung“ zurück, sagen Tech-Lobbyisten an der Washingtoner K-Street.
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Wie der aktuelle Streit um Arbeits-Visa für ausländische Top-Kräfte zeigt, gehören zum Umarmen auf Dauer aber immer zwei. Musk & Co. haben sich vehement für eine erleichterte Einwanderung von Inhabern mit temporären Visa ausgesprochen. Trumps rechtsnationale Maga-Gemeinde, angeführt von Ideologen wie Steve Bannon und Laura Loomer, sieht darin Verrat und pocht auf Anstellung amerikanischer Arbeitskräfte. Der künftige Präsident laviert noch zwischen beiden Lagern. Ab 20. Januar wird er sich entscheiden müssen.
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