Essen. Immer mehr Textilmüll, ein neues Gesetz zur Altkleiderentsorgung und eine mögliche Lösung: Den kaputten Pulli nicht wegschmeißen, sondern kompostieren.
Katja Glück hat vielleicht eine andere, ganz neue Lösung, wie weniger Müll durch alte Kleidung entsteht: Sie entwickelte in ihrer Elternzeit eine Reihe an Kleidungsstücken, die warm, anpassungsfähig, robust, schmutzabweisend und ökologisch sein sollen – im Prinzip also alles können. Diese findet man jetzt online unter dem Namen Balu auf der Seite „Outdoorbaby“. „Eigentlich war ich meine Zielgruppe“, erzählt sie.
Ihre Pullover kann man außerdem zu Küchenabfällen und Würmern auf den Kompost verbannen, wenn sie dann doch einmal zerschlissen und nicht mehr tragbar sind. Dann muss man sie nicht mehr in den Altkleidercontainer werfen, sondern kann gleich selbst aktiv werden. „Viele konsumieren lieber viel und machen sich keine Gedanken, was mit den Sachen passiert“, sagt die studierte Bekleidungstechnikerin. Natürlich soll ein Kleidungsstück erstmal möglichst lange halten, bevor es unbrauchbar wird. Gedanken machen, was danach passiert, kann man sich aber trotzdem.
Vom Etikett bis zum Nähgarn – alles ökologisch abbaubar
Die Gründerin habe „zu jedem Material (vom Stoff über den Reißverschluss bis zum Stickgarn und Etikett) ein Ökotex-Zertifikat vorliegen“, so schreibt sie auf ihrer Internetseite. Das Ökotex-Zertifikat soll angeben, dass sich in einem Kleidungsstück keine Schadstoffe befinden und es sicher für den Verbraucher und die Umwelt ist.
Zwar bestehen viele Pullover auch aus Naturfasern, aber kompostieren könne man sie dann doch nicht so einfach: „Da gibt es ja zig Chemikalien, die auf Klamotten aufgebracht werden“, sagt Katja Glück im Gespräch. Von einer speziellen „Knitterfrei“-Ausstattung bis zu den Farben sei hier vieles, was man nicht auf dem Kompost haben wolle. Zudem seien Etiketten und Nähgarne eigentlich immer aus Plastik und auch deswegen die herkömmlichen Pullover nicht vollständig ökologisch abbaubar.
Wollwalk – Das Wundermaterial
Wollwalk ist ein Gestrick, das in mehreren Schritten verfilzt und so auch verdichtet wird. Durch diesen Prozess werden kleine Lufträume in den Fasern eingeschlossen. Diese können dann die Umgebungstemperatur rund um den Körper speichern. Deswegen hält Wollwalk sehr warm und passt sich den Temperaturen entsprechend an. Durch die spezielle Prozedur bleibt außerdem die Flexibilität eines Gestricks erhalten, doch der Stoff an sich wird robuster.
Zudem ist in der Wolle das natürliche Fett Lanolin enthalten. Dieses Wollfett schützt die Fasern vor Schmutz. Ist mal etwas Schlamm auf dem Pullover geraten, dann kann man ihn trocknen lassen und mit einer Bürste abreiben. Auch seine wasserabweisenden Fähigkeiten hat der Stoff dem Lanolin zu verdanken. Geringere Mengen Wasser perlen nämlich einfach von der Schicht Wollfett ab.
„Wirtschaftskrise und Konsumflaute machen es nicht leicht, sich am Markt zu etablieren“
Katja Glück beschreibt einen „Öko-Boom“: Jeder wolle ökologische Sachen tragen und möglichst grün leben, doch nicht jeder sei auch dazu bereit, für die Ansprüche zu bezahlen. Ganz billig ist der Pullover nämlich nicht, soll dafür aber lange halten und in vielen Situationen tragbar sein. Und selbst, wenn der Wille doch da wäre, dann wäre manchmal auch einfach das Geld nicht da. Sie wolle eine positive Gegenseite zu Shein, Temu und Co. schaffen. Im Moment läuft ihr Geschäft hauptsächlich online, doch der Laden „Babyglück“ in Essen hat schon ein paar Teile vor Ort.
Sie glaubt hier ihre Marktlücke gefunden zu haben. „Es wäre meine Vision, dass ich mal eine komplette kompostierbare Kollektion habe“, sagt die Gründerin. Denn noch ist es nur der Pullover, den man zu Erde werden lassen kann. Dabei hat sie den gesamten Kreislauf im Blick: „Der Pullover wird zu Erde, daraus kann Gras wachsen und daraus könnten Schafe wieder Wolle machen“. Vielleicht ist das der erste Ansatz für neue Recyclingverfahren, um Umwelt und Altkleidersammlung zu entlasten.