Berlin. Forscher haben erstmals erhoben, wie profitabel die Partner des Fahrtenvermittlers unterwegs sind. Taxivertreter sind skeptisch.
Seit gut zehn Jahren ist der Fahrtenvermittler Uber auch auf dem deutschen Markt aktiv. Mindestens genauso lange besteht der Konflikt zwischen den Mietwagenfirmen, die für den US-Konzern unterwegs sind, und den alteingesessenen Taxiunternehmen.
Anders als die Mietwagenfirmen, an die Uber per App Fahrten vermittelt, unterliegen Taxis in Deutschland strengen Regeln. Zum Beispiel gelten von den Kommunen festgelegte Tarife. Uber hingegen kann Preise selbst festlegen – und so Taxifirmen unterbieten. Aus der Taxibranche kommt deshalb der Vorwurf, dass sich das Uber-Geschäftsmodell eigentlich nicht rechne, mangelnde Wirtschaftlichkeit aber auf Mietwagenunternehmen und die angestellten Fahrer abgewälzt würden. Eine neue Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), die dieser Redaktion exklusiv vorliegt, kommt nun zu einem anderen Ergebnis.
Uber: IW bescheinigt Mietwagenpartnern des Konzerns profitables Geschäftsmodell
Demnach zahlt sich die Zusammenarbeit mit Uber durchaus für die Mietwagenfirmen aus. „Die Studie ist die erste ihrer Art, die originäre Umsatzdaten des app-vermittelten Mietwagenbereichs nutzt. So konnten wir feststellen, dass die Mietwagenpartner von Uber ein profitables Geschäftsmodell verfolgen“, sagte IW-Köln-Direktor Michael Hüther dieser Redaktion. In Auftrag gegeben hat Uber die Studie selbst.
„Das Geschäftsmodell unserer Mietwagenpartner ist nicht nur sehr profitabel, sondern schlägt auch den Branchendurchschnitt deutlich. Die hohe Auslastung der Fahrzeuge und Skaleneffekte sorgen dafür, dass verbraucherfreundliche Preise bei gleichzeitigen Unternehmensgewinnen Hand in Hand gehen“, erklärte Uber-Deutschlandchef Christoph Weigler.
Grundlage für die Berechnung sind erzielte Stundenumsätze nach Steuern und Uber-Vermittlungsgebühr und exklusive Trinkgeld. Die zwischen Juli 2023 und Juli 2024 erfassten Daten stammen von sämtlichen Mietwagenunternehmen, die in Deutschland den Großteil ihrer Umsätze über die Vermittlung durch den US-Fahrtendienst machen. Durchschnittlich erzielt ein Unternehmen, das mit Uber kooperiert, laut Studie eine Umsatzrendite von 7,4 Prozent. Das heißt, von 100 Euro Umsatz verbleiben 7,40 Euro als Gewinn.
Mietwagen: Wer mit Uber gut verdient – und wer nicht
Die Zusammenarbeit mit Uber rechnet sich der Erhebung zufolge aber erst für Mietwagenfirmen, die mit acht oder mehr Autos unterwegs sind. Bei dieser Unternehmensgröße liege die durchschnittliche Umsatzrendite bei 6,4 Prozent. Je mehr Wagen für eine Firma fahren, desto mehr lohnt sich das Geschäft. Mittelgroße (35 Autos) und große Unternehmen (50), die mit dem Fahrtenvermittler zusammenarbeiten, erzielen laut dem Bericht Umsatzrenditen um elf Prozent.
Nah an der oder sogar unter der Verlustgrenze operieren hingegen Firmen mit vier oder weniger Fahrzeugen. Diese Kleinstunternehmen machen, so die IW-Forscher, aber nur „einen sehr kleinen Teil des Marktes aus und wachsen typischerweise nach einer Startphase“. Durchschnittlich kommen die Mietwagenfirmen pro Auto auf einen Netto-Stundenumsatz von 26,72 Euro nach Abzug der Steuern, der Uber-Vermittlungsgebühr und des Trinkgelds.
Auslastung und Skalierbarkeit des Geschäfts: So sind Uber-Partner profitabel
Die Kosten pro Betriebsstunde und Fahrzeug liegen zwischen 23 und 26,25 Euro. Lohnkosten haben daran den größten Anteil, liegen je Arbeitsstunde zwischen 16,82 und 18,93 Euro. Laut Uber sind Fahrer bei den Mietwagenunternehmen angestellt und verdienen den Mindestlohn oder darüber.
Wirtschaftliche Umsätze erzielen die Mietwagenfirmen vor allem über eine hohe Auslastung. Laut IW lag die durchschnittliche Auslastung im betrachteten Zeitraum bei rund 50 Prozent. In der Hälfte der Betriebszeit, in der die Autos unterwegs waren, saß also auch ein Fahrgast auf der Rückbank. Den höheren Nutzungsgrad erreicht Uber auch über flexible Preise: Ist die Nachfrage gering, wird das Angebot günstiger. Bei sehr hoher Nachfrage steigen die Preise. Fahrten würden dann „sehr profitabel“, so die Autoren.
Taxi gegen Uber: Wer welche Rechte und welche Pflichten hat
Als zweiten Grund für die Wirtschaftlichkeit nennen die Studienmacher die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Große Mietwagenfirmen seien besonders profitabel, weil sich Fixkosten auf mehrere Fahrzeuge umlegen ließen. Von der Taxibranche wird stets bezweifelt, dass Mietwagenfirmen kostendeckend arbeiten können, wenn sie gesetzliche Vorschriften einhalten.
Neben Uber sind in Deutschland auch die Fahrtenvermittler Free Now, Bolt und Bliq aktiv. Laut IW sind derzeit 45.000 Mietwagen und 50.000 Taxis auf deutschen Straßen unterwegs. In den allermeisten Kommunen ist die Zahl der Taxilizenzen begrenzt. Tarife, die einen auskömmlichen Betrieb ermöglichen sollen, werden von den jeweiligen Behörden erlassen. Taxis genießen dafür Privilegien, können zum Beispiel Busspuren nutzen oder Fahrgäste an der Straße aufnehmen. Mietwagen dürfen das nicht. Steuerlich gilt für Taxis ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.
IW-Studie: Mindestpreise für Mietwagen würden ganzer Branche schaden
Anders als Taxis, die jede Fahrt annehmen müssen, können Mietwagen auch Touren ablehnen. Zudem gilt die sogenannte Rückkehrpflicht. Das bedeutet, dass Fahrzeuge nach dem Ende eines Auftrags wieder den Betriebssitz ansteuern müssen – eine umstrittene Vorgabe, die in der Praxis kaum zu kontrollieren ist und deshalb laut Branchenkennern häufig unterlaufen wird. Mietwagen unterliegen keiner Preisbindung, können daher frei festsetzen, wie viel eine Fahrt kostet. Die Taxibranche fordert seit längerem Mindestpreise, auch, um einen faireren Wettbewerb sicherzustellen.
Solche preislichen Untergrenzen sind seit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vor drei Jahren grundsätzlich möglich. Das IW zweifelt allerdings am Nutzen solcher Mindestpreise. Sie würden eher dazu führen, dass Bürger ihre Nachfrage verringerten. Denn für viele bestehe kein Unterschied zwischen Taxis und Mietwagen – höhere Preise würden daher dazu führen, dass die Menschen ihre Mobilität auf Alternativen verlagerten.
Taxiverbände prangern Arbeitsbedingungen in der Mietwagenbranche an
Taxivertreter äußerten gegenüber dieser Redaktion Kritik an Uber und an der Studie. Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi und Mietwagen nannte die Untersuchung „nicht aussagekräftig“, weil Zahlen „vorn und hinten nicht stimmen“. Ähnlich sieht es der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland (TMV). Beide Branchenvereinigungen erneuerten ihre Forderung nach Mindestpreisen. „Bei Mindestpreisen gibt es nur einen Verlierer – unseriöse Anbieter, die sich wie ein Krebsgeschwür in Deutschland ausbreiten“, sagte TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt dieser Redaktion.
Er verwies auch auf die aus seiner Sicht „unhaltbaren Zustände“ in der Mietwagenbranche mit Dumpinglöhnen für Fahrer, Schwarzarbeit, unterschlagenen Sozialabgaben und fehlendem Versicherungsschutz für Fahrgäste. Kommunen sind zuletzt zum Teil hart gegen illegale Mietwagen vorgegangen: In Berlin hatte der Senat im April dieses Jahres gut ein Viertel der etwa 9000 auf Fahrdienstplattformen angebotenen Mietwagen gesperrt. Beanstandete Autos hatten ihr Geschäft mitunter einfach ohne Genehmigung betrieben.
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