Berlin. Laut Prognosen könnte die Gen Z einmal die reichste Generation aller Zeiten werden. Ein Vermögensforscher verrät, wie realistisch das ist.

Globale Krisen, der Klimawandel und Unsicherheiten rund um die Rente: Die Zukunft der jungen Generation scheint voller Herausforderungen zu sein. Doch laut dem Global Wealth Report der Allianz könnte die Generation Z, geboren zwischen 1995 und 2010, trotz allem die reichste Generation aller Zeiten werden – vorausgesetzt, sie investiert klug und setzt auf nachhaltige Anlagen. Zudem wird sie in den kommenden Jahren durch Erbschaften von den Vermögen der Baby-Boomer-Generation profitieren. Der Vermögens- und Zukunftsforscher Thomas Druyen hat die finanziellen Aussichten der Gen Z genauer beleuchtet. Im Interview spricht er darüber, welche Chancen diese Generation hat, Wohlstand aufzubauen, und welche Risiken durch Krisen und Konflikte drohen.

Herr Druyen, glauben Sie, dass die Generation Z tatsächlich die reichste Generation aller Zeiten werden könnte?

Thomas Druyen: Diese Frage bewegt sich auf dünnem Eis. Worauf kann man sich hier verlässlich beziehen? Selbst mathematische Berechnungen, KI-Prognosen und Global Wealth Reports von Institutionen wie UBS, Credit Suisse, Capgemini, Allianz oder Boston Consulting Group sind oft nicht mehr als teure Schätzungen. Vor allem, wenn man Jahrzehnte nach vorne spekuliert. Seit dreißig Jahren betreiben wir Vermögenspsychologie. Nur eins scheint gewiss: die Ungewissheit. Durch den demografischen Wandel kann man die Verteilung von Menschen auf verschiedene Generationen gut vorhersagen. Aber was Erfolg und wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Entwicklungen angeht, ändern sich die Dinge schneller als je zuvor – das sehen wir überall.

Prof. Dr. Thomas Druyen, Vermögensforscher
Thomas Druyen ist Direktor des Institutes für Vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie sowie des Institutes für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien. Zusätzlich ist er Präsident der opta data Zukunfts-Stiftung in Essen. © Sebastian Drüen | Sebastian Drüen

Schauen wir allein auf die Entwicklung der Milliardäre in den letzten 40 Jahren: Ihre Zahl hat sich mehrfach verdoppelt. Das liegt auch daran, dass immer mehr Geld im Umlauf ist und die Höhe der Vermögen stetig wächst. In naher Zukunft wird es wahrscheinlich auch den ersten Billionär geben. Das ist absehbar. Aber inwiefern es nukleare, cyber- oder satellitengetriebene Kriege geben wird, kann niemand vorhersagen. Es gibt so viele Faktoren, die sich auf die Entwicklung von Vermögen auswirken, ob das kontinental, unternehmerisch oder KI-basiert ist, dass ich diese Fragestellung lieber einer Netflix-Serie überlasse. Einige wenige Menschen werden in der Zukunft immer reicher, das glaube ich auch. Aber ob nur die Generation Z dazu gehören wird, wage ich zu bezweifeln.

Was denken Sie über die ungleiche Verteilung von Vermögen, insbesondere durch Erbschaften?

Druyen: Die ungleiche Verteilung von Vermögen durch Erbschaften verstärkt die gesellschaftliche Spaltung, weil sich Reichtum in bestimmten Unternehmen und Familien konzentriert. Das schränkt die Aufstiegschancen, also die soziale Mobilität, ein. Außerdem führt es dazu, dass nur wenige viel Kapital haben. Das kann die wirtschaftliche Innovation hemmen. Künstliche Intelligenz könnte hier jedoch helfen: Sie kann dazu beitragen, Bildung und berufliche Chancen gerechter zu verteilen, da sie personalisiertes Lernen und technische Fähigkeiten fördert. So könnten mehr Menschen Zugang zu Wohlstand bekommen, unabhängig von ihrer Herkunft. Gleichzeitig könnte KI neue Branchen fördern, die nicht auf traditionellen Kapitalquellen basieren. Das eröffnet insbesondere neuen Akteuren und Startups Möglichkeiten zum Aufstieg.

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Wie schätzen Sie die langfristigen finanziellen Perspektiven der Generation Z ein?

Druyen: Die Generation Z steht vor einzigartigen finanziellen Perspektiven, die stark von digitalen Innovationen und neuen Arbeitsmodellen beeinflusst werden. Branchen wie die Technologie und Mobilität bieten neue Karrierewege und Investitionsmöglichkeiten, die zunehmend nachhaltiger werden. Gleichzeitig ist die Generation Z aber auch mit vielen Risiken konfrontiert: von realen Kriegsgefahren, unvorhersehbaren Cyberkonflikten, neuen kalten Kriegen bis hin zu Fragen der Rentenfinanzierung und Umweltdesastern. Verglichen mit früheren Generationen sind die Chancen gigantischer und die Bedrohungen ebenso. In welche Richtung das Pendel schwing, hängt von schwerwiegenden Entscheidungen und deren Umsetzung ab. Ich traue der Generation viel zu, aber sie muss ultimativ und proaktiv handeln.