Berlin. Verbraucherzentralen warnen Kunden vor üblen Methoden am Telefon. Ohne ihr Wissen haben Verbraucher plötzlich einen neuen Stromvertrag.

Am Telefon gibt sich der Anrufer als Stromableser aus. „Sagen Sie mir doch bitte ihren Zählerstand durch.“ Die Bewohnerin ahnt nichts Böses und gibt die Zahl des Stromverbrauchs bis zur letzten Stelle nach dem Komma durch. Einige Wochen später wird ihr mitgeteilt, dass sie einen neuen Abieter hat. Ohne ihr Wissen hat der Anrufer die Frau zu einem anderen Versorger umgemeldet, ohne dass es ihrerseits eine Vertragserklärung gab.

Dies ist nur eine Masche, auf die offenbar immer mehr Verbraucher reinfallen. Mehr als 2200 Beschwerden über solche untergeschobenen Stromverträge gingen allein zwischen Oktober 2022 und März 2023 bei den Verbraucherzentralen ein. Damit war die Anzahl der Beschwerden während der Energiepreiskrise besonders hoch, berichtet die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

„Untergeschobene Verträge gehören jedes Jahr zu den Top-Beschwerdegründen bei den Verbraucherzentralen“, sagte die vzbv-Vorständin Ramona Pop. „Es braucht klare Regeln für Unternehmen, damit Verbraucherinnen und Verbraucher vor unfairen Geschäftspraktiken und Manipulation gut geschützt sind – gerade in Krisenzeiten.“

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    Strom: Verbraucherschützer fordern klarere Regeln

    Um Verbraucher besser vor einem ungewollten Lieferantenwechsel zu schützen, müssen die Regeln für Energieversorger deutlich klarer werden, fordert Pop. Dafür müsse das Energiewirtschaftsgesetz angepasst werden. Wenn ein Vertragswechsel beispielsweise über Vermittlungsportale wie Check24 oder Verivox erfolgt, sollte eine Pflicht für eine Vollmacht in Textform eingeführt werden. Liegt eine solche Vollmacht nicht vor, muss der bisherige Anbieter den Vertragswechsel ablehnen.

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    Verbraucher sollten zudem ein Rückkehrrecht in den vorherigen Liefervertrag bekommen, wenn der Vertragswechsel nicht von Verbraucherseite initiiert wurde, fordert Pop. Wenn der bisherige Anbieter das Vorliegen einer Kündigungsvollmacht nicht überprüft hat, müssten die Kunden in den alten Vertrag zurückkehren können. Grundsätzlich sollte kein Anbieterwechsel eingeleitet werden können, ohne dass Verbraucher diesem aktiv zugestimmt haben.

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    Leider ist es aktuell nicht leicht, aus untergeschobenen Verträgen wieder herauszukommen. „Wer einem Vertrag nicht bewusst zugestimmt hat oder sich unsicher ist, wann und wo er zustande gekommen ist, sollte zunächst den Vertragsschluss bestreiten und einen Nachweis verlangen“, sagte Markus Hagge, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen auf der Homepage. „Betroffene fordern den Anbieter am besten schriftlich und per Einwurfeinschreiben auf, diesen zu erbringen.“

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    Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher den Vertrag zudem vorsorglich widerrufen, anfechten und vorsorglich kündigen. „Das Wort ‚vorsorglich‘ ist hier unerlässlich. Es weist darauf hin, dass keine bewusste Zustimmung zum Vertragsschluss gegeben wurde“, so der Experte. Wird hingegen nur gekündigt, könnte der Anbieter das als Zustimmung eines wirksamen Vertrags auslegen. Somit bestehe die Gefahr, dass Betroffene die Erstlaufzeit des Vertrags tatsächlich zahlen müssten. 

    „Die Rechtsdurchsetzung des vzbv geht immer wieder gegen Rechtsbrüche von Unternehmen vor“, berichtet Pop. Allein in diesem Jahr habe der Verbraucherzentrale Bundesverband mehrere Verfahren gegen Energielieferanten erfolgreich abgeschlossen, unter anderem wegen intransparenter Preiserhöhungsmitteilungen, unzulässiger Abschlagserhöhungen und verspäteter Schlussrechnungen.“