Essen. Gewinne der beiden Essener Dax-Konzerne im ersten Halbjahr eingebrochen, vor allem bei RWE. Wie die Börse reagiert und wo sie weiter wachsen.

Die fetten Jahre im Zuge der Energiekrise sind für Deutschlands größten Stromerzeuger RWE vorbei: Die Gewinne brachen im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum heftig ein. Grund sind die in diesem Jahr stark gesunkenen Preise für den von RWE produzierten Strom. In der durch den russischen Überfall auf die Ukraine zugespitzten Energiekrise der vergangenen zwei Jahre waren sie sprunghaft angestiegen, wovon die Stromkonzerne europaweit profitierten.

Der operative Gewinn, der das laufende Geschäft vor Abzug von Steuern, Zinsen und Abschreibungen abbildet, sank in den ersten sechs Monaten 2024 um rund 30 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro, der Nettogewinn sogar um 43 Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro. Das war allerdings etwas besser als erwartet, der Essener Dax-Konzern hatte in seiner Prognose mit einem noch stärkeren Einbruch gerechnet. Die RWE-Aktie gab trotzdem am Mittwoch nach. Möglicherweise hatten Anleger auf eine Anhebung der Jahresprognose gehofft, die RWE aber lediglich bestätigte.

RWE: 45 Prozent der Stromerzeugung aus Erneuerbaren

Sehr zufrieden zeigt sich RWE-Chef Markus Krebber mit der Entwicklung der Erneuerbaren Energien: Die Ökostromerzeugung erreichte im ersten Halbjahr mit 26 Terawattstunden (TWh) einen neuen Rekordwert, den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung des Konzerns beziffert RWE mit 45 Prozent. Die CO2-Emissionen habe man um 27 Prozent senken können. Das nach wie vor große Geschäft mit der Braunkohle aus dem Rheinischen Revier führt der Konzern inzwischen als „Ausstiegstechnologie“. So will es die Strategie des Vorstands, aus RWE einen grünen Stromerzeuger zu machen. 2030 soll Schluss sein mit der Braunkohle. 

Der Essener Dax-Nachbar Eon hatte als Deutschlands größter Energieversorger zuletzt ebenfalls sehr hohe Gewinne erzielt, obwohl er weniger von der Krise profitierte, weil er Strom und Gas auch teurer einkaufen musste. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) sank im ersten Halbjahr um 14 Prozent auf rund 4,8 Milliarden Euro, der Nettogewinn um 24 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Das war von den Märkten in etwa so erwartet worden, entsprechend bestätigte Eon seine Prognose. Wie die RWE- gab auch die Eon-Aktie nach Vorlage der Halbjahreszahlen am Mittwoch nach.

Nachdem sie im vergangenen Jahrzehnt zu den stärksten an konventioneller Energie beharrenden Kräften zählten, richten sowohl RWE als auch Eon ihre Geschäfte zusehends auf die Energiewende in Deutschland, Europa und weltweit aus. In den Bilanzen wird das an den Investitionen deutlich: Eon hat im ersten Halbjahr 2,9 Milliarden Euro und damit 20 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum investiert - zum größten Teil in den Ausbau und die Digitalisierung der Netze. Gleichzeitig wurden mehr als 2000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, um den Ausbau zu stemmen. Bis 2028 will Eon 42 Milliarden Euro in die Energiewende investieren.

Private Solaranlagen als Herausforderung für Verteilnetze

Die vielen neuen Stromquellen der Privathaushalte, die sich vor allem Solaranlagen auf ihre Dächer bauen, geben den Erneuerbaren einen kräftigen Schub, sorgen aber auch für ganz neue Herausforderungen in den Verteilnetzen. Die digitale Steuerbarkeit gilt als der Schlüssel für künftig stabile Netze und auch dafür, dass privat erzeugter Strom einen Beitrag zur Energiewende nicht nur für den Einzelnen, sondern die Allgemeinheit leisten kann. Auch geladene Elektroautos sollen dabei künftig eine Rolle spielen, nämlich als Stromspeicher. Voraussetzung dafür, dass Netzbetreiber sie bei Bedarf anzapfen können, sind intelligente Netze.

RWE hatte im vergangenen Jahr seine geplanten Investitionen in Erneuerbare, Speicher und Wasserstoffprojekte von 50 auf 75 Milliarden Euro bis 2030 erhöht. Im ersten Halbjahr 2024 investierte der Marktführer unter den Stromerzeugern 4,5 Milliarden Euro in neue Anlagen. Darüberhinaus seien Investitionsentscheidungen für den Bau von weiteren Windkraft-, Batterie- und Solarprojekten mit einer Gesamtkapazität von 2,9 Gigawatt getroffen worden, teilte RWE am Mittwoch mit.