Rövershagen. Der Eintritt für Karls Erlebnisdörfer ist kostenlos, Gäste zahlen nur die Fahrgeschäfte und Produkte. Dem Chef bringt das Kritik ein.
Die Frucht ist Robert Dahl längst in Fleisch und Blut übergegangen. Dahl, der aus Karls Erdbeerhof das gemacht hat, was es heute ist, ließ sich vor Jahren tätowieren. In den linken Oberarm. Eine Erdbeere natürlich. Dahl ist mittlerweile 53 Jahre alt und aus Karls Erdbeerhof ist eines der größten deutschen Freizeitparkunternehmen geworden. Erdbeere next Level eben. So steht es auch auf dem T-Shirt, das Dahl trägt.
Bei dem 52-Jährigen und den heute sechs Erlebnisdörfern dreht sich alles um die rote Sammelnussfrucht. Etwa 10.000 unterschiedliche Erdbeerprodukte gibt es in den Hofmärkten. Nicht alles stellt Karls selber her, vieles wird von einzelnen Manufakturen oder anderen Händlern eingekauft. Verkaufsschlager aber ist die hauseigene Marmelade. Fünf Millionen Gläser davon gehen jährlich über die Ladentische. Es gibt aber auch Kuscheltiere, Klamotten, Tassen, Seife oder Taschentücher. Besucher können Erdbeerkekse, Erdbeerbrötchen oder Erdbeerbratwurst mit Erdbeersenf kaufen und in den Dörfern essen.
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Gut sieben Millionen Gäste wird es in diesem Jahr in die sechs Erlebnisdörfer ziehen, prognostiziert der Chef. Das wären etwa eine Million mehr als im vergangenen Jahr. Die Expansion der Freizeitparks voranzutreiben, ist Dahls Lieblingsprojekt. Bis zum Jahr 2035 sollen es gut 15 sein. Deutschlandweit ist der Karls-Chef dafür auf Grundstücksuche. Bald soll in Oberhausen Baubeginn sein, ebenso in Loxstedt bei Bremerhaven. In Oberfranken hat sich die Firma bereits eine Fläche gesichert, im Harz soll es wohl bald so weit sein. „Ziel ist es, dass in Deutschland niemand länger als eine Stunde Auto fahren muss, um zu einem Karls Erlebnisdorf zu kommen“, erklärt Dahl.
Freizeitpark: Große Expansionspläne – Karls hat eine klare Vision
Die Vision will sich das Unternehmen aus Rövershagen bei Rostock einiges kosten lassen. Hochgerechnet könnten in den kommenden zehn Jahren gut 400 Millionen Euro in neue Parks fließen. Die Großprojekte geht Dahl dabei gänzlich ohne Hilfe von Banken an. „Unser Wachstumstempo wird bestimmt durch die Ertragskraft von Karls. Die Pläne würden sich in der Sekunde in Schall und Rauch auflösen, wenn wir schlechte Umsätze machen“, sagt der Karls-Chef. „Am Ende segeln wir auf Sicht ohne Druck. Wir geben nur das Geld aus, was wir haben.“
In diesem Jahr rechnet Karls erstmals mit einem Umsatz von mehr als 200 Millionen Euro, gut 70 Millionen mehr als 2019 vor Beginn der Corona-Krise. In der Pandemie hatten die Erdbeerdörfer zeitweise sieben Monate lang zu. „Das war nicht so lustig, da habe ich es mit der Angst zu tun gekriegt“, sagt Robert Dahl. Nun schaut er in die Zukunft – und besonders auf das Karls-Dorf bei Berlin, im brandenburgischen Elstal. Fast 800.000 Quadratmeter misst das Gelände, auf dem früher mal eine russische Kaserne stand.
Heute dreht sich auch dort alles um die Erdbeere. Bislang zumindest, denn im neuen Jahr soll dort Baubeginn für Deutschlands ersten Bibi-und-Tina-Freizeitpark sein. Die entsprechenden Nutzungsrechte dafür hatte sich Karls vor ein paar Jahren von dem Berliner Verlag Kiddinx gesichert. Doch auch auf dem Erlebnisdorf-Areal stehen die Bagger nicht still. Derzeit wird dort bereits an einer neuen Attraktion gearbeitet, erzählt Dahl. „Wir bauen den Flying Erdbeerdöner, ein großes Fahrgeschäft, inspiriert von einem Dönerspieß. Der ist zwölf Meter hoch und unten soll es auch ein Dönerrestaurant geben“, so der Karls-Chef.
Karls-Chef Robert Dahl: Schon der Großvater war Erdbeerbauer
Der neue Themenbereich in dem Dorf wird aber auch kulinarisch interpretiert. Karls hat dafür gemeinsam mit einem Berliner Dönerspieß-Unternehmen ein neues Rezept entwickelt. „Das Fleisch bleibt gleich, andere Zutaten auch, bis auf die Soße, die ein leichtes Erdbeeraroma bekommen wird. Und das Fladenbrot wird knallrot eingefärbt sein“, erzählt Dahl. Nächstes Jahr zu Ostern soll der Erdbeerdöner Fahrt aufnehmen. Dahl erklärt das Projekt auch mit der eigenen Familienhistorie.
Schon Opa Karl – gewissermaßen der Namensgeber des Unternehmens – war Erdbeerbauer, Vater Karl-Heinz führte das fort, ebenso seine Kinder, Robert und Schwester Ulrike. Der Erdbeerhof der Familie befand sich in den 1970er-Jahren in Ostholstein. Hauptabnehmer war die bekannte Marmeladenfabrik in Bad Schwartau. Robert Dahl erzählt, wie damals viele türkische Gastarbeiter nach Schleswig-Holstein kamen.
Die Männer arbeiteten vor allem in den Werften in Lübeck – und die Frauen pflückten Erdbeeren, zum Beispiel auf dem Hof der Dahls. Während der Pausen aß man dann Döner und Erdbeeren. Es gibt Fotos von Robert und Schwester Ulrike zwischen den Grillständen. Die Historie spielt ohnehin eine große Rolle bei Karls.
Business-Plan des Vaters legte den Grundstein für den Erfolg
Den Grundstein für den Erfolg des heutigen Unternehmens legte ein Schreiben, das Dahls Vater Karl-Heinz im Winter 1991 an seinen Sohn schrieb. Robert befand sich da gerade zum Sprachkurs in Polen. Dahl senior beschrieb detailliert, was nötig ist, damit der Junior in die eigene Selbstständigkeit starten kann: 576.000 D-Mark für Hof, Instandsetzung und einige Fahrzeuge. Einige Vollzeitkräfte und bis zu 80 Saisonarbeiter schlug der Vater vor, um in das Erdbeer-Geschäft einsteigen zu können.
Heute ist Karls nicht nur mit Blick auf diese Zahlen enteilt. Zwar gibt es nach wie vor gut 400 Verkaufsstände in deutschen Städten, an denen die firmeneigenen Erdbeeren angeboten werden. Der Verkauf der Frucht an sich macht aber nur noch 20 Prozent des Karls-Geschäfts aus. Derzeit kommt Karls auf gut 1200 fest angestellte Beschäftigte, mehr als 3000 kommen saisonal hinzu – für die Erdbeerernte und den Betrieb in den Parks.
Noch immer zählt Karls aber zu den deutschlandweit größeren Erdbeerbetrieben. Gut 1800 Erdbeerhöfe gibt es derzeit, die Zahl sinkt seit Jahren. Anders als Direktvermarkter wie Karls ist die Branche dabei auch von der Einkaufspolitik der großen Lebensmitteleinzelhändler abhängig. „Der Handel greift am liebsten auf Vermarkter zurück, die das Produkt zwölf Monate oder möglichst lang anbieten können. Das geht natürlich nicht mit deutschen Erdbeeren“, sagt Fred Eickhorst von der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauern.
Erdbeerbauern unter Druck – Zahl der Betriebe in Deutschland gesunken
Stattdessen befinden sich vermehrt ausländische Beeren in den Supermarktregalen – zu Preisen, bei denen viele deutsche Betriebe nicht mithalten könnten. Bei Karls war es Robert Dahl, der das Erdbeergeschäft neu interpretierte. 2008 ließ er in Rövershagen das erste Fahrgeschäft neben Hofladen, Spielplatz und Pony-Reiten bauen, wenig später folgte das zweite.
In den Dörfern ist der Eintritt kostenlos, für einzelne Fahrgeschäfte muss man dann allerdings zahlen. Beim Kauf einer Tageskarte (vor Ort: 22,50 Euro, in der App: 17,50 Euro) oder einer Jahreskarte (39 Euro) sind die Hauptattraktionen inklusive. Es gibt Experten, die das auch im Vergleich zu anderen deutschen Freizeitparks für zu günstig halten – und Preiserhöhungen empfohlen hatten. Dagegen aber hat sich Dahl immer gewehrt. „Ich möchte, dass wir so viel nehmen, wie unbedingt nötig ist, aber nicht mehr“, erklärt er. Ändern soll sich an den Preisen daher nichts.
Dahl selbst hat neben der Expansion in Deutschland noch ein weiteres Lieblingsprojekt im Auge. Auch in den USA soll ein Karls Erlebnisdorf entstehen, eine Fläche bei Los Angeles in Oxnard, so etwas wie die Erdbeer-Hauptstadt des Landes, hat man sich bereits gesichert. Neues wagen – das gilt für Robert Dahl nur mit Blick auf das eigene Sortiment nicht. Um Erdbeerbratwurst und Co. macht er lieber einen Bogen. Erdbeerkuchen mit Sahne isst er am liebsten und setzt damit auf einen echten Klassiker.
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