Berlin. Bis Anfang August muss eine Investorenlösung her, sonst droht Esprit die Abwicklung. Worum hinter den Kulissen jetzt gerungen wird.

Im vorläufigen Insolvenzverfahren der Esprit Europe GmbH und sechs weiterer deutscher Tochterfirmen drängt die Zeit. Bis zum 1. August braucht die kriselnde Modekette einen neuen Investor, ansonsten droht die Abwicklung. Grund dafür ist das dann beginnende reguläre Insolvenzverfahren. Unter anderem die Gehälter müssten dann wieder von den Esprit-Firmen selbst getragen werden – zuletzt zahlte drei Monate lang die Arbeitsagentur. Ohne frisches Geld allerdings wären die Gehaltszahlungen vom Unternehmen nicht zu stemmen.

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Im Hintergrund laufen derweil Verhandlungen mit potenziellen Investoren weiter. Der Esprit-Geschäftsführung war es in der vergangenen Woche gelungen, eine große Hürde zu beseitigen. Wie berichtet liegen Rechte für Marken, Lizenzen und Internetdomains bei der Esprit-Holding mit Sitz in Hongkong – und nicht bei den insolventen Gesellschaften in Deutschland. Die gefundene Lösung sieht vor, Markenrechte und operatives Geschäft in Europa an einen neuen Investor zu verkaufen. Der Erlös soll zwischen Holding und Insolvenzmasse aufgeteilt werden, erfuhr unsere Redaktion von Beteiligten des Verfahrens.

Esprit: Bieten mögliche neue Eigner genug Geld, um Gläubiger zufriedenzustellen?

Zu den Gläubigern der insolventen Esprit-Gesellschaften gehören neben der Bundesagentur für Arbeit auch das Finanzamt, Krankenkassen und einige Lieferanten. Je mehr Geld ein neuer Investor bereit ist, für Lager, Shops, Markenrechte, Mitarbeiter und Verwaltung zu zahlen, desto besser für diejenigen, bei denen die Modekette in der Kreide steht. Die Frage, wie viel Geld Esprit noch wert ist, scheint aber bei Gesprächen mit möglichen neuen Eigentümern ein Knackpunkt zu sein.

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Nach wie vor im Rennen sind die Düsseldorfer Modekette Peek & Cloppenburg und der Londoner Investmentspezialist Alteri, dem schon Modemarken wie Street One, Cecil und der deutsche Babyausstatter Baby Walz gehören. Bislang, so heißt es von mit der Angelegenheit vertrauten Personen, würden von den denkbaren Neueigentümern lediglich Summen für das Esprit-Geschäft geboten, die unterhalb von Zerschlagungswerten liegen. Das bedeutet auch: Die Gläubiger hätten womöglich mehr davon, Waren und Ausstattung der Esprit-Shops einfach so zu verkaufen – und eben nicht an einen neuen Eigentümer, der alles in einer Hand weiterführt.

Esprit wurde schon einmal bewertet – doch das gilt als längst überholt

Klar ist aber: Der Preis für Esprit dürfte durch die erneute Schieflage deutlich gesunken sein, die Marke ist beschädigt. In einem Schutzschirmverfahren vor vier Jahren, ausgelöst durch die Corona-Krise, hatte ein Gutachten den Wert des jetzt von der Pleite betroffenen Esprit-Geschäfts noch auf einen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt. Nun wird davon vermutlich nur noch ein Bruchteil zu bekommen sein.

Als zweiter wichtiger Punkt bei den Investorengesprächen gilt die Frage, wie viel Personal der neue Eigentümer mit übernimmt. Die bislang von Esprit kommunizierte Zahl von gut 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Shops und Hauptverwaltung in Ratingen bei Düsseldorf ist zwar inzwischen überholt, da einige Beschäftigte aufgrund der Schieflage der Firma längst das Weite gesucht haben. Dennoch ist das Esprit-Ziel, dass möglichst viele Angestellte auch bei einem Neueigentümer eine Zukunft haben. Fraglich, ob Alteri oder P&C da mitspielen. Bislang jedenfalls sollen sich beide infrage kommenden Geldgeber zurückhaltend mit Blick auf die Übernahme des gesamten Personalbestands des Modehändlers geäußert haben.

Geschäfte von Esprit: Erste Mietverträge sind bereits gekündigt worden

Esprit hatte Mitte Mai Insolvenz angemeldet. Konkret in Schieflage ist die Esprit Europe GmbH, die als Obergesellschaft für Esprit-Firmen in Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich, Skandinavien, Polen und Großbritannien fungiert. Eigenen Angaben zufolge betreibt Esprit 56 eigene Läden in Deutschland. Dort, wo es ging, waren zuletzt Mietverträge bereits gekündigt worden. Mit einer Entscheidung, wie und ob die Esprit-Gesellschaften eine Zukunft haben, wird Anfang der kommenden Woche gerechnet. Beobachter sehen nach wie vor in Alteri die wahrscheinlichste Option für eine möglicherweise bessere Zukunft von Esprit in Europa.