Berlin. Der untergetauchte Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek soll für Russland einen Agentenring geführt haben. Die britische Justiz ermittelt.

War der Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek Teil eines russischen Spionagenetzwerks? Zumindest glauben das britische Ermittler. Sie verdächtigen den in Deutschland von der Justiz gesuchten Marsalek für Russland spioniert, beziehungsweise bei der Spionage geholfen zu haben. Das geht aus einer Mitteilung der britischen Staatsanwaltschaft hervor, über die am Dienstag zuerst der "Spiegel" berichtete.

Demnach soll Marsalek eine entscheidende Rolle als Vermittler zwischen Moskau und einer Gruppe von Bulgaren gespielt haben, die die sich als mutmaßliche russische Spione in London vor Gericht verantworten müssen. Eine erste Anhörung dazu sollte am Dienstag am Westminster Crown Court in London stattfinden.

Marsalek soll Agentenring finanziert haben

Laut "Spiegel"-Bericht soll Marsalek den Agentenring geleitet und finanziert haben. Das Magazin zitiert aus der Mitteilung der Staatsanwaltschaft, der 43-Jährige habe sich zwischen dem 30. August 2020 und dem 8. Februar 2023 "verschworen, um Informationen zu sammeln, die direkt oder indirekt nützlich für einen Feind sind". Die Taten hätten auch außerhalb Englands und Wales stattgefunden.

Bei den fraglichen Bulgaren handelt es sich offenbar um eine Personengruppe, die Mitte August in Großbritannien festgenommen wurden; bei den drei Verdächtigen wurden unter anderem gefälschte Pässe verschiedener Nationalitäten gefunden, wie die BBC berichtet hatte.

NameJan Marsalek
Geburtsdatum15. März 1980
GeburtsortWien
BerufEhemaliges Vorstandsmitglied der Wirecard AG
VorwürfeGewerbsmäßiger Bandenbetrug, besonders schwere Untreue, Bilanzfälschung, weitere Vermögens- und Wirtschaftsdelikte
FluchtstatusAuf der Flucht vor deutschen Strafverfolgungsbehörden seit Juni 2020

Ex-Wirecard-Chef in Russland vermutet

Marsalek war früher Vertriebsvorstand des Finanzdienstleisters Wirecard, ist seit Längerem abgetaucht und wird in Russland vermutet. Er gilt als Hauptverdächtiger im Wirecard-Skandal. Marsalek verantwortete das Geschäft mit sogenannten Drittpartnerfirmen – externen Zahlungsdienstleistern, die im Wirecard-Auftrag Kreditkartenzahlungen überwiegend in Asien abwickelten oder abgewickelt haben sollen.

Im Sommer 2020 war der einstige Dax-Konzern zusammengebrochen, weil 1,9 Milliarden Euro angeblicher Erlöse aus diesem Drittpartnergeschäft nicht auffindbar waren. Marsalek hatte sich daraufhin ins Ausland abgesetzt, als sich der Kollaps des Konzerns abzeichnete. (fmg/mit dpa)