Essen. Westlotto will seine 3100 Annahmestellen in NRW modernisieren. Was sich für Tipper ändern wird, sagt Westlotto-Chef Andreas Kötter im Interview.
Obwohl die Zahl der Lottotipps auf Papier immer weiter zurückgeht, will der Anbieter Westlotto sein Netz aus 3100 Annahmestellen in Nordrhein-Westfalen mit einem Millionenprogramm modernisieren und stärker mit digitalen Angeboten vernetzen. Geschäftsführer Andreas Kötter erklärt im Interview, warum dadurch der Einzelhandel gestärkt wird und wie das Land NRW an den Einnahmen aus 6 aus 49, Rubbellosen & Co. verdient.
Herr Kötter, der Einzelhandel hat erst unter der Corona-Pandemie und dann unter der Inflation zu leiden gehabt. Wandern auch Ihre Kundinnen und Kunden ins Online-Tippen ab und meiden die Lotto-Annahmestellen?
Andreas Kötter: Die Online-Quote bei Westlotto liegt bei 25 Prozent. Nur noch 20 Prozent unserer Kundinnen und Kunden geben ihre Tipps papiergebunden ab. Dahinter steckt meist ein Ritual und Gewohnheit. Der Rest tippt digital in der Annahmestelle. Wir wollen beide Kanäle – also den digitalen und den stationären – noch stärker miteinander verbinden. Unsere rund 3100 Annahmestellen in NRW geraten dabei nicht aus dem Gedächtnis. Ganz im Gegenteil. Wir wollen die Einzelhandelslandschaft hierzulande stärken.
Was haben Sie konkret vor?
Kötter: Westlotto wird bis zum Jahr 2026 etwa 50 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Annahmestellen umzubauen und zu digitalisieren. Das ist das größte Investitionsprogramm einer deutschen Lotto-Gesellschaft in der Nachkriegsgeschichte und unterstreicht unser Bekenntnis zum Einzelhandel.
Wie wird sich der Umbau für die Kundinnen und Kunden bemerkbar machen?
Kötter: Wir haben mit unseren Annahmestellen-Betreibern und Experten neue Ladenbauprogramme entwickelt. Damit wollen wir das Spielerlebnis verbessern, aber auch weniger Strom verbrauchen. Die DIN-A4-Drucker werden völlig verschwinden. Die Kommunikation mit der Zentrale in Münster wird komplett digital. Die ausgedruckte Quittung wird allerdings erst einmal bleiben. Und viele Annahmestellen werden mit Tablets ausgerüstet, die Kunden zum Online-Tippen nutzen können. Sie ersetzen große Terminals und sparen Platz.
Haben die Betreiber der Annahmestellen überhaupt ein Interesse an der Digitalisierung des Tippgeschäfts?
Kötter: Wir sehen das Onlinegeschäft nicht als Konkurrenz, sondern als Mehrwert. Wir haben die Provision auf den Spieleinsatz mit Kundenkarten auf sieben Prozent pro Tipp erhöht. So profitieren auch die Annahmestellen vom digitalen Spiel mit der Kundenkarte. Sie speichert die Zahlen und hat bei der Gewinnauszahlung eine wichtige Funktion, sollte die Papierquittung verloren gehen. Das kommt selbst bei Millionen-Ausschüttungen durchaus mal vor.
Meist sind die Lottoannahmestellen in Zeitschriften- und Tabakläden integriert und nicht gerade online-affin. Sind diese kleinen Händler nicht mit der Digitalisierung überfordert?
Kötter: Nein, denn Westlotto wird dafür sorgen, dass jede Annahmestelle einen Internetauftritt erhält und bei der Google-Suche gefunden wird. Das ist ganz wichtig bei der Verschränkung der stationären und digitalen Welten.
Der Landtag hat beschlossen, dass Westlotto nicht mehr Teil der landeseigenen NRW-Bank sein, sondern in die Beteiligungsverwaltungsgesellschaft überführt wird. Was bedeutet das?
Kötter: Die Entscheidung hat der Landtag übrigens einstimmig getroffen. Das ist ein starker Vertrauensbeweis für das staatliche Monopol der Jackpot-Lotterien und macht unsere Produkte noch sicherer. Als hundertprozentige Tochter können wir uns jetzt stärker mit den Themen des Landes NRW, wie etwa der Einzelhandelsstrategie, auseinandersetzen. Da ist keine Bank mit ihren Finanzregularien mehr zwischengeschaltet.
Bleibt es bei den Ausschüttungsquoten für den Landeshaushalt?
Kötter: Ja, es bleibt beim Lotto-Prinzip, nach dem 40 Prozent unseres Umsatzes über das Land in Wohlfahrt, Sport, Kunst, Kultur, Umwelt- und Denkmalschutz fließen. Das waren im vergangenen Jahr rund 700 Millionen Euro. Seit der Gründung von Westlotto im Jahr 1950 haben wir inzwischen die Zahl von 30 Milliarden Euro überschritten.
Die Inflation ist hoch, die Konsumneigung eingeschränkt. Wie entwickelt sich das Lotteriegeschäft?
Kötter: Wir verzeichnen stabile bis leicht steigende Umsätze. Und das trotz fortschreitender Liberalisierung des Marktes und der illegalen Angebote, die nach wie vor unterwegs sind. In NRW gehen dem Staat dadurch pro Monat Steuereinnahmen in Höhe von einer Million Euro verloren. Und die Kunden haben keine Garantie, dass ihre Gewinne auch tatsächlich ausgeschüttet werden.
Westlotto bietet eine Reihe von Lotterien an. Welche sind besonders nachgefragt?
Kötter: Das umsatzstärkste Produkt ist nach wie vor 6 aus 49, das es schon seit den 50er Jahren gibt. Den größten Sprung haben wir aber mit dem Eurojackpot erlebt, den es seit 2011 gibt. Daran sind 33 Landesgesellschaften aus 18 Nationen beteiligt. Die 120 Millionen Euro Gewinnsumme würden wir in Deutschland allein nicht aufbringen können. Stark gefragt sind aber auch Rubbellose, die seit 2019 zudem online verfügbar sind.
Herr Kötter, Sie sind gerade in die Hall of Fame der internationalen Lottoindustrie aufgenommen worden. Was bedeutet die Auszeichnung für Westlotto und Sie selbst?
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Kötter: Das bedeutet Wertschätzung und zeigt, dass Westlotto akzeptiert und wahrgenommen wird. Ich bin der dritte unseres Unternehmens, der die Auszeichnung erhält. Darunter auch Lothar Lamers, der Lotto 6 aus 49 erfunden hat. Ehrlicherweise bin ich auch als Vorsitzender der Eurojackpot-Kooperation Mitglied der Hall of Fame geworden. Wenn alles gut geht, können wir beim Eurojackpot im nächsten Jahr das 34. Mitglied aus der 19. Nation begrüßen.