Essen.. Die Kartellstrafe von 106 Millionen Euro für fünf deutsche Brauereien trifft die Branche hart: Von Jahr zu Jahr geht der Bierkonsum zurück. Zudem setzt der Handel beim Preis so unter Druck, dass die Margen für die Unternehmen immer kleiner werden. Drei von vier Bierkästen werden zu Sonderpreisen verkauft.
Die Kartellstrafen für deutsche Brauereien gehen auf Absprachen zwischen 2006 und 2008 zurück. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich der Biermarkt noch robust. Preiserhöhungen schienen den Akteuren nach einer langen Phase der Stagnation machbar. Seither hat sich eine Menge verändert.
2013 ging der Bierkonsum in Deutschland nach Schätzungen des Brauerbundes abermals um zwei bis drei Prozent auf 95 Millionen Hektoliter zurück. Damit mussten deutsche Brauereien zum siebten Mal in Folge ein Minus verkraften. Setzten die 1281 Braustätten im Jahr 2004 noch 106 Millionen Hektoliter Bier ab, mussten sich 2012 knapp 1340 Brauereien mit 96,5 Millionen begnügen.
Pro-Kopf-Verbrauch auf Talfahrt
Der Pro-Kopf-Verbrauch verdeutlicht am anschaulichsten die Talfahrt der Biertrinkernation Deutschland: 2012 tranken wir nur so viel Bier wie vor der Wiedervereinigung, als der Osten noch nicht dazu gehörte. Mit 105,5 Litern (siehe Grafik) liegen die Deutschen im europäischen Vergleich aber immer noch an dritter Stelle. Mehr Bier trinken nur Österreicher und Tschechen.
Die Gründe für den seit Jahren nachlassenden Bierdurst sind vielschichtig. Experten machen dafür die älter werdende Gesellschaft, die Vernunft der Autofahrer und den Trend zur bewussten Ernährung verantwortlich. Aber auch immer weniger 18- bis 25-Jährige ziehen feiernd durch die Kneipen. Zumal bei jungen Leuten eher Mixgetränke als ein kühles Pils hoch im Kurs stehen.
Steigende Kosten für Brauer
Aber nicht nur das gewandelte Konsumverhalten nimmt die Brauer in die Zange. Viele Hersteller erhöhten im vergangenen Herbst die Preise um bis zu fünf Prozent, weil sie unter steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie leiden. Ob die höheren Preise am Markt durchzusetzen sind, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Die Gaststätten in NRW kämpfen ohnehin um jeden Gast, seitdem das generelle Rauchverbot ausgerufen wurde. Und in Supermärkten und Getränkecentern können Verbraucher im wöchentlichen Wechsel den Kasten Premium-Pils für 9,99 Euro oder manchmal noch günstiger kaufen. Der reguläre Preis außerhalb der Aktion liegt hingegen bei 13 Euro.
Damit ist im Handel der Preis für Bier so günstig wie vor 20 Jahren. Für den Einzelhandel sind die Sonderangebote für Gerstensaft nach wie vor große Frequenzbringer, die Kunden in die Läden locken. Nach Einschätzung des deutschen Getränkefachgroßhandels aus dem vergangenen Jahr werden mittlerweile fast drei Viertel aller Bierkästen zu deutlich reduzierten Sonderpreisen verkauft.
Preisdruck im Handel
Der gewaltige Preisdruck im Handel bringt die Brauereien in Zugzwang. Mit immer neuen Innovationen versuchen sie, die Kunden bei der Stange zu halten: Dazu gehören alkoholfreie Biere und Fassbrausen, aber auch Mixgetränke, herbe und dunkle Bier-Varianten.
Während in Deutschland die Wende zu einem Absatzplus bislang ausblieb, wird nach dem deutschen Reinheitsgebot gebrautes Bier im Ausland indes immer beliebter. Das Exportklima-Barometer zeigte sich Ende 2013 in keiner anderen Branche so positiv wie in der Brauwirtschaft. 2012 lag der Exportanteil bei deutschen Bieren bei über 16 Prozent. Importiert wurden nur rund acht Prozent.