Essen.. Untreue und Bankrott – es sind schwere Vorwürfe gegen den Unternehmer Anton Schlecker. Staatsanwälte ermitteln. Dem Gründer der zusammengebrochenen Drogeriemarktkette droht nun eine mehrjährige Haftstrafe. Aber auch ein „juristischer Deal“ ist möglich.
Die Razzien dauerten mehrere Stunden. Polizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten 18 Wohnungen und vier Geschäftsräume. Auch in der Privatvilla von Firmengründer Anton Schlecker wurden die Strafverfolger aktiv. Die Justiz nimmt den Gründer der zusammengebrochenen Drogeriemarktkette und seine Kinder ins Visier. Mehr als 160 Ermittler waren in Baden-Württemberg, Berlin, Bayern, Hessen, Niedersachsen, NRW und Sachsen im Einsatz, um im großen Stil Dokumente und Datenträger sicherzustellen.
Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte, bei denen der Verdacht der Untreue, des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung besteht, wie Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart mitteilten. Auch gegen Mitarbeiter der insolventen Drogeriekette wird ermittelt.
"Vom Sportwagen bis zur schönen Uhr"
Es habe „seit langem und immer wieder“ Vermögensverschiebungen gegeben, erklärte die Staatsanwaltschaft. Dadurch sei den Gläubigern des Unternehmens möglicherweise Schaden entstanden. Firmengründer Anton Schlecker soll kurz vor der Insolvenz mehrere Immobilien an seine Kinder Meike und Lars verkauft haben. Es besteht der Verdacht, dass die Kaufpreise unter dem Marktwert lagen.
Anton Schlecker hat seinen Konzern als „eingetragener Kaufmann“ geführt, deshalb ist die Firmen-Pleite auch seine Insolvenz als Privatmann. „Im Fall Schlecker drängt sich der Verdacht auf, dass der Firmengründer nicht loslassen wollte“, sagt der Bochumer Insolvenzjurist Dirk Andres. „Oft scheuen Unternehmer das Insolvenzverfahren. Aber es ist brandgefährlich, wenn zu spät reagiert wird. In vielen Fällen eröffnet ein Insolvenzverfahren die Chance für eine erfolgreiche Sanierung.“ Meike und Lars Schlecker beteuerten, ihr Vater besitze selbst kein Vermögen mehr. „Vom Sportwagen bis zur schönen Uhr hat er alles als Teil der Insolvenzmasse abgeben müssen.“ Sie fügten hinzu: „Wir unterstützen ihn mit unseren eigenen Mitteln, die wir rechtmäßig besitzen, denn Sippenhaft gibt es im deutschen Recht nicht.“
Monatelanges Verfahren absehbar
Im Falle einer Verurteilung drohen Schlecker bis zu fünf Jahre Haft. Auch ein sogenannter juristischer Deal wäre denkbar, wie der Düsseldorfer Wirtschaftsstrafrechtler Marcus Böttger erläutert. „Ein Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage einzustellen, ist möglich und gerade in Wirtschaftsstrafverfahren nicht unüblich.“ Das Geld könnte auch ein Verwandter zahlen. Doch bis dahin dürften wohl noch einige Monate vergehen. Böttger jedenfalls ist sich sicher, „dass dieses Verfahren noch geraume Zeit dauern wird – mit völlig offenem Ergebnis“.