Essen. Der Betriebsrat will Stellenstreichungen und die Verlagerung von Arbeitsplätzen an Billig-Standorte nicht mitmachen. “Wir lassen uns doch nicht auf eine Schale Reis reduzieren“, sagt Konzern-Betriensratschef Wilhelm Segerath. Am 25. Februar soll es eine Protestkundgebung geben.
Die Pläne von Thyssen-Krupp, Dienstleistungsarbeitsplätze in billigere Standorte auch im Ausland zu verlagern, stößt auf den heftigen Widerstand der Gewerkschaft und der Betriebsräte. Die IG Metall will am 25. Februar eine große Protestkundgebung vor dem Essener Quartier veranstalten. Damit droht dem angeschlagenen Technologie- und Stahlkonzern ein Tarifkonflikt.
Hintergrund sind die Überlegungen des Managements, auch die Verwaltung umzubauen und dort Arbeitsplätze zu streichen. Weltweit will der Konzern 3000 bis 3300 Verwaltungsstellen abbauen, davon die Hälfte in Deutschland.
Finanzchef Guido Kerkhoff sagte gestern bei der Vorstellung der Quartalszahlen, das Unternehmen habe bei den konzernübergreifenden Dienstleistungsbereichen, sogenannte Shared Services, einen großen Nachholbedarf. „Hier müssen wir uns in der üblichen internationalen Arbeitsteilung aufstellen“, sagte Kerkhoff. Auch diese Bereiche müssten effizienter werden.
1500 Arbeitsplätze sollen gestrichen, 840 Arbeitsplätze nach Polen verlagert werden
Konzern-Betriebsratschef Wilhelm Segerath sagte, es mache keinen Sinn, „wie die Lemminge hinter diesen Finanzmarkt-getriebenen Modellen hinterherzulaufen“. Er wisse sehr wohl, dass viele der großen Konzerne im Deutschen Aktienindex Dienstleistungsaufgaben nach Polen, Indien oder Bangladesch verlegt haben. „Wir haben da andere Einschätzungen, was die Nachhaltigkeit und Effizienz solcher Auslagerungen angeht“, so Segerath. „Die Verhandlungen sind gescheitert. Wir haben die Gespräche darüber abgebrochen.“
Der Konzern plane, in Dienstleistungsbereichen wie der Informationsverarbeitung, dem Rechnungs- und dem Personalwesen oder der Immobilienverwaltung weltweit 1500 Arbeitsplätze zu streichen, 840 Arbeitsplätze sollten nach Polen verlagert werden.
Zudem wolle Thyssen-Krupp knapp 400 von 840 Arbeitsplätzen vom Standort Essen nach Berlin verlegen und dort nach dem niedrigeren Ost-Tarif fürs Kraftfahrzeuggewerbe bezahlen. „Das kann Lohneinbußen von bis zu 45 Prozent bedeuten“, sagte Segerath. Die rund 550 verbleibenden Mitarbeiter in Essen sollten Lohneinbußen von 20 Prozent hinnehmen müssen. Segerath: „Wir lassen uns doch nicht auf eine Schale Reis reduzieren.“ Zudem hätten die Arbeitnehmer „eine Menge getan, um den Konzern zu stützen. Wir zahlen nicht ein zweites Mal für die Managementfehler im Ausland.“ Der Konzern wollte die genannten Zahlen nicht kommentieren und verwies auf den laufenden Prozess. Es sei klar gewesen, dass nach dem Umbau der Verwaltung in der Zentrale und den einzelnen Einheiten auch die sogenannten Shared Services auf den Prüfstand kommen.
Besserung im Amerika-Geschäft
Für den Konzernbetriebsratschef ist das ein Kampf an der falschen Front. „Wenn hier gespart wird, dann liegt die Verbesserung im Verschuldungsgrad allenfalls im Promillebereich.“ Die Überlegungen zur Ausgliederung hätten „das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte Segerath und äußerte die Befürchtung, dass es dann zu weiteren Verlagerungen kommen könnte. „Auch operative Bereiche können schnell verlagert werden. Wir müssen die Wertschöpfung aber hier im Land behalten.“
Segerath sagte weiter, die Betriebsräte könnten gar nicht mehr mit dem Unternehmen über Forderungen wie Lohnverzicht verhandeln. Durch die Forderungen drohten Tarifnormen verändert zu werden, so Segerath. „Das ist Sache der IG Metall.“ Die ist es denn auch, die zur Protestkundgebung am 25. Februar vor dem Essener Hauptquartier aufruft.
Finanzchef Kerkhoff sagte, das Unternehmen sei gut ins neue Jahr gestartet. Im ersten Quartal seien alle Finanzziele „erreicht oder übertroffen“ worden. Insbesondere das Industriegütergeschäft sei gut gelaufen. Deutliche Besserung gebe es auch bei Steel Americas. Die Prozesse im Stahlwerk in Brasilien liefen inzwischen stabil.