Shanghai. Der Disney-Konzern hat in Shanghai den ersten Themenpark eröffnet. Die chinesische Vergnügungsbranche boomt mit insgesamt 300 Anlagen.
Schon vor 25 Jahren träumten Chinas Parteisekretäre von einem Cinderella-Schloss. Mitten in einem Industriegebiet am Stadtrand von Peking ließen sie einen Vergnügungspark errichten, der einem Disneyland sehr ähnlich sah.
In den ersten Jahren liefen sogar einige nachgeahmte Minni- und Mickymaus-Figuren auf dem Gelände herum – bis der Disney-Konzern den Betreibern wegen fehlender Lizenzen dies untersagte. Erst musste wegen Sicherheitsmängeln die Achterbahn schließen, nach und nach verfielen auch die anderen Attraktionen. Heute existiert eine Ruine, die nur mit sehr viel Fantasie an das berühmte Märchenschloss erinnert. Dafür erhalten die Chinesen nun ein echtes Disneyland.
Cinderella, Mickymaus, ja selbst Sturmtruppen aus Star Wars und die Figuren aus dem Dschungelbuch – sie sind allesamt dabei, wenn am Donnerstag nach fast zehnjähriger Bauzeit vor den Toren Shanghais das erste Disney-Ressort auf volksrepublikanischem Boden eröffnet wird. Disney-Chef Bob Iger bezeichnet die Eröffnung als einen „entscheidenden Meilenstein“ der Firmengeschichte.
Das größte Märchenschloss auf der Welt
Der Themenpark umfasst die für Disneyland so typische Attraktionen wie die Wildwasserbahn aus „Fluch der Karibik“, eine Achterbahn aus „Tomorrowland“, aber auch einige neue Fahrgeschäfte mit der Star-Wars-Filmreihe zum Thema.
Das berühmte Cinderella-Märchenschloss ist das größte des Disney-Konzerns. Neben dem Themenpark hat Disney noch zwei Hotels auf dem Gelände errichtet und mit Disney-Town ein riesiges Einkaufszentrum. Umgerechnet rund fünf Milliarden Euro hat Disney in Shanghai investiert.
China hat nun sein eigenes Disneyland
Umso größer sind nun die Erwartungen des Disney-Konzerns an den Standort Shanghai, wo Proteste nicht erlaubt sind. 330 Millionen potenzielle Kunden sollen in einem Umkreis von drei Stunden Autofahrt um Shanghai herum leben.
Mehr als eine Million Besucher
Der Auftakt kann sich sehen lassen. Noch vor der Eröffnung zählte das an den Park angeschlossene Shopping-Areal mehr als eine Million Besucher. Allerdings ist auch die Konkurrenz groß. China wird derzeit geradezu übersät mit themenbasierten Freizeit- und Erlebnisparks.
Mehr als 300 Vergnügungsparks haben in den vergangenen Jahren im Reich der Mitte ihre Tore geöffnet. Vergangenes Jahr kamen allein 15 dazu, weitere 20 sind im Bau. Nur wenige Kilometer von Disneyland entfernt, errichtet US-Konkurrent Dreamworks für rund drei Milliarden Euro einen Themenpark, der dem auch in China populären Kung-Fu-Panda gewidmet ist. Und ebenfalls in unmittelbarer Nähe errichtet das chinesische Unternehmen Haichang einen Ozean- und Polarpark mit Eisbären, Pinguinen und riesigen Walen.
Auch Peking versucht mitzuhalten. Der Stadtregierung ist es gelungen, dem US-Unterhaltungsriesen NBC-Universal dazu zu bringen, für drei Milliarden Dollar einen Ableger seiner berühmten Universal-Studios in der chinesischen Hauptstadt zu errichten.
Der britische Sender BBC erwägt im Reich der Mitte einen Sherlock-Park und der japanische Spielzeugkonzern Sanrio errichtet für 200 Millionen Dollar einen Hello-Kitty-Park.
Rund ein Dutzend Freizeitparks weltweit
Die ehrgeizigsten Projekte schiebt derzeit aber der chinesische Unterhaltungsriese Wanda an. Firmengründer Wang Jianlin, der sein Vermögen mit Immobilien macht und inzwischen weltweit mehr als 160 Einkaufszentren, 70 Luxushotels und die größte Kinokette der USA sein Eigen nennt, will in China über das ganze Land verteilt rund ein Dutzend Freizeitparks errichten.
Am weitesten gediehen ist der Wanda Movie Park in der Zehn-Millionen-Metropole Wuhan. Hauptattraktion ist ein gigantisches 5-D-Theater mit einer mehr als 200 Quadratmeter großen und 800 Tonnen schweren LED-Leinwand. Gezeigt wird täglich die sogenannte Han-Show, eine
90-minütige bombastisch aufgemachten und mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Erlebnisshow, die Chinas nationale Errungenschaften zum Thema hat.
Der Disney-Konzern gibt sich dennoch zuversichtlich, dass sein Park Shanghai die Konkurrenz schon abschütteln wird. Den chinesischen Betreibern fehle es an Gespür, ihre Freizeitparks zu pflegen, wird ein chinesischer Mitarbeiter des Disney-Konzerns in der „Shanghai Daily“ zitiert. Vielen drohe schon nach wenigen Jahren der Abriss oder sie verfallen – so wie einst die Disneyland-Nachahmung in Peking.