Essen. Evonik-Chef Christian Kullmann spricht sich bei der VCI-Bilanz für eine Impfpflicht aus. Auch zu einem möglichen Impfstoffmangel äußert er sich.
Evonik-Chef Christian Kullmann spricht sich für eine Impfpflicht in Deutschland aus. „Ich bin dafür“, sagte der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) bei seiner Jahresbilanz für die Branche. „Freiheit heißt immer auch Verantwortung“, begründete Kullmann seine Haltung. „Deshalb hat jeder auch Verantwortung, nicht nur sich selbst zu schützen, sondern auch seine Familie, seine Nächsten, seine Nachbarn.“ Die Corona-Pandemie könne nur durchs Impfen beendet werden.
Auf Nachfrage äußerte sich Kullmann auch dazu, ob ein Impfstoffmangel in Deutschland droht. Der VCI-Präsident bestätigte, dass es „Engpässe“ gebe. „Es gibt aber die sehr gute Chance, mit den Produktionskapazitäten, die wir in Deutschland haben, gegensteuern zu können“, erklärte Kullmann.
In diesem Zusammenhang verwies er auch auf den Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Koalition und das Ziel, Deutschland „zur Apotheke der Welt“ zu machen. Es herrsche derzeit weltweit ein starker Wettbewerb verschiedener Regierungen um den Aufbau von Werken zur Herstellung von mRNA-Impfstoffen. „Deutschland sieht hier gegenwärtig schwach aus, hat viel zu wenig getan“, sagte Kullmann. „Das ändert sich gerade.“ Denn im Koalitionsvertrag spreche sich das neue Regierungsbündnis dafür aus, solche Investitionen unterstützen zu wollen.
„Der Strompreis muss runter“
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung gebe es generell gute Ansätze, urteilte Kullmann. Insbesondere die angekündigte Abschaffung der EEG-Umlage Anfang des Jahres 2023 sei sinnvoll, um den Strompreis zu verringern. „Es ist höchste Zeit, dieses Bürokratiemonster an die Kette zu legen“, sagte Kullmann mit Blick auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Derzeit werde die Chemieindustrie mit rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr durch die Umlage zur Förderung der Erneuerbaren belastet. Ziel müsse eine Senkung der Energiekosten sein. „Der Strompreis muss runter“, mahnte Kullmann.
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Trotz Corona-Pandemie und Lieferengpässen sowie zuletzt sprunghaft steigender Preise für Energie und Rohstoffe habe die chemisch-pharmazeutische Industrie im Jahr 2021 starke Ergebnisse erreicht, berichtete Kullmann bei der VCI-Bilanz. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Produktion um 4,5 Prozent gestiegen.
Rund 2000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Branche
Die Zahl der Beschäftigten der Chemie- und Pharmaindustrie sei bundesweit um rund 2000 Arbeitsplätze auf 466.500 gestiegen. „Das sind gute Jobs“, betonte Kullmann. Im Durchschnitt werde ein Arbeitsplatz in der Branche mit mehr als 70.000 Euro jährlich vergütet.
Auch für das kommende Jahr erwartet der VCI eine positive Entwicklung in der Branche. Der Verband hält einen Anstieg der Produktion von zwei Prozent für möglich. Probleme bereite der Branche allerdings der rasante Preisanstieg bei Gas und Strom in den vergangenen Monaten. Etwa 60 Prozent der Unternehmen meldeten in einer VCI-Umfrage, dass die Energiepreise ihre Betriebsabläufe derzeit erheblich behindern. Die Unternehmen versuchten zwar die steigenden Kosten zeitnah an die Kunden weiterzugeben. Allerdings sehen sich 16 Prozent dazu nicht in der Lage. Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von mehr als 1700 deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen sowie deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne.