Bochum. Vonovia-Chef Rolf Buch scheint sich an der Deutsche Wohnen die Zähne auszubeißen. Jetzt startet er einen dritten Übernahmeversuch – mit Risiken.
Es ist einer der wenigen heißen Tage in diesem Jahr, als Rolf Buch nach Bochum-Weitmar einlädt. In der beschaulichen Siedlung probiert der Wohnungsriese Vonovia alle Techniken aus, die Strom und Wärme erzeugen, dabei aber kein klimaschädliches CO2 erzeugen. Der studierte Maschinenbauer Buch braucht keine Experten seines Hauses, um zu erklären, wie die „Energiezentrale der Zukunft“ funktioniert. „Da geht dem Techniker in mir das Herz auf“, sagt der Konzernchef beiläufig. Die Abstimmungsgespräche mit einem Zulieferer aus Frankreich hatte er kurzerhand selbst geführt, weil er fließend Französisch spricht.
Rolf Buch hat eine Mission: Er will Vonovia mit fast 400.000 Wohnungen allein in Deutschland zum Trendsetter im Klimaschutz machen, aber auch zu einem ernstzunehmenden europäischen Immobilienkonzern. Dazu braucht er den Rivalen Deutsche Wohnen, der eine große Nummer im heiß umkämpften Berliner Wohnungsmarkt ist. Doch an dem Konzern scheint sich Buch die Zähne auszubeißen, wie schon 2016, als die feindliche Übernahme misslang.
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Dabei verlief es für den ehemaligen Bertelsmann-Manager in Bochum zuletzt ziemlich glatt. Er führte die Deutsche Annington und die Gagfah – zwei Vermieter mit zweifelhaftem Ruf – zusammen und formte daraus die Vonovia mit neuem Image und brachte sie an die Börse. Das Dax-Unternehmen schickte Buch in Österreich und Schweden auf Einkaufstour. Vonovia ist inzwischen der größte Wohnungskonzern Europas, der in weiteren Ländern wachsen will. Gesteuert wird das Imperium aus Bochum, auch wenn die Deutsche Wohnen doch noch unter das Vonovia-Dach kommen sollte. Rolf Buch, in Siegen geboren und in Essen aufgewachsen, bezeichnet sich selbst als „Kind des Ruhrgebiets“. Seit Jahresbeginn ist er Moderator des einflussreichen Wirtschaftsbündnisses Initiativkreis Ruhr.
Vonovia bietet einen Euro mehr pro Aktie
„Natürlich fühlt sich das an wie ein Misserfolg“, kommentierte der erfolgsverwöhnte Vonovia-Chef die vorerst gescheiterte Übernahme der Deutsche Wohnen in einem Interview. Mitten in der Ferienzeit ließ Buch seinen Leuten gerade mal eine Woche Zeit, um ein neues Angebot ohne die identifizierten Unzulänglichkeiten und mit einem von 52 auf 53 Euro aufgestockten Umtauschkurs pro Aktie vorzubereiten.
Am späten Sonntagabend um 22 Uhr erblickte es das Licht der Öffentlichkeit und erntet Lob bei Aktionärsschützern. „Die eigentliche Botschaft ist nicht der Euro mehr, den Vonovia jetzt bezahlt, sondern der Ausschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags für die Dauer von drei Jahren. Da waren einige Marktteilnehmer, die auf ein paar Euro mehr spekuliert haben“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Vonovia war schlecht beraten, diese klare Ansage nicht sofort zu machen. Das Eisen ist jetzt heiß und muss geschmiedet werden.“
Finanzaufsicht Bafin muss grünes Licht geben
Auch wenn Tüngler die geplante Mega-Fusion als sinnvoll bezeichnet, weil sie die Kosten für beide Unternehmen senke, sieht er für Vonovia aber auch ein kommunikatives Risiko. „Mit der Deutsche Wohnen holt sich Vonovia Ärger ins Haus. Vonovia war bislang nicht Ziel der aggressiven Aktivisten auf dem Berliner Mietmarkt. Das wird sich jetzt ändern, weil man sich eher an der Deutsche Wohnen rieb“, argwöhnt Tüngler. In der Tat: Von den 155.000 Wohnungen, die Deutsche Wohnen in die mögliche Ehe einbringt, liegen rund 70 Prozent in der deutschen Hauptstadt. Vonovia ist in Berlin mit 43.000 Wohnungen vertreten.
Aufsichtsrat und Vorstand der Deutsche Wohnen stehen hinter dem neuen Angebot. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Finanzaufsicht Bafin die einjährige Sperre für die Vonovia aufhebt. In Bochum wird erwartet, dass ein entsprechender Antrag der Deutsche Wohnen im Laufe dieser Woche genehmigt werden könnte. Die Bafin selbst wollte sich dazu auf Anfrage unserer Redaktion nicht äußern.
Hedgefonds sollen ihr Geld früher erhalten
Läuft alles nach Plan, will Vonovia Hedgefonds, die ihr Deutsche-Wohnen-Aktien andienen, bereits Anfang Oktober ausbezahlen. Auch daraus haben die Bochumer offenbar Lehren gezogen: Hedgefonds wollen nicht so lange auf ihr Geld warten wie es beim ersten Angebot der Fall gewesen wäre. Vonovia muss in den Besitz von 50 Prozent plus einer Aktie der Deutsche Wohnen gelangen, um die Mindestannahmeschwelle zu erreichen. 29,99 Prozent des Berliner Konzerns gehören ihr bereits.