Sundern.
Wer möchte ich sein? Was möchte ich einmal arbeiten? Als junger Schulabgänger hatte der Sauerländer Florian Beimel die Antwort ziemlich klar. Geschäftsführer einer Kreishandwerkerschaft wäre etwas. Ein Praktikum bei einem Unternehmensverband hatte den heute 32-Jährigen auf die Idee gebracht. Eine Affinität zum Handwerk hat Beimel von Haus aus. Seine Eltern betreiben ein Landschafts- und Gartenbauunternehmen in Sundern.
Das Grundlegendste
Beimel legt den Grundstein für sein Ziel, absolviert nach dem Abitur ab 2007 eine Maurerausbildung. „Es ist das grundlegendste Handwerk“, erklärt er. Eine gute Basis, von der aus der junge Sauerländer in Freiburg zwei Jahre später ein Jurastudium aufnimmt. In Verbänden, erklärt er, seien Ingenieure, Volkswirte, vor allem aber Juristen gefragt.
Das Handwerk lässt Beimel auch beim Pauken von Paragrafen nie wirklich los. Nach dem Grundstudium besuchte er die Maurermeisterschule, pflegt Kontakt zur Münsterbauhütte in Freiburg mit ihrer über 800 Jahre langen Steinmetztradition und Kreativen, die etwas mit ihren Händen schaffen. „Ein ganz anderer Menschenschlag als Jura-Studenten“, erinnert er sich. Wären ihm Juristen nicht auch lieb, hieße er mit Nachnamen vielleicht noch wie seine Eltern – Klute. Vermutlich das Beste aus seinem Studium hat den jungen Mann nicht losgelassen, seine heutige Frau, gebürtige Hamburgerin. Sie hat der Sauerländer immer wieder von der Schönheit seiner Heimat überzeugt.
In Sundern leben und nach Düsseldorf pendeln, statt in einer internationalen Kanzlei in Singapur oder New York zu arbeiten. Das will einen Moment überlegt sein. Ebenso wie Beimels Entscheidung, sich mit Mitte 20 vom ursprünglichen beruflichen Weg zu verabschieden. Er denkt im Hauptstudium darüber nach, ob er seine Einstellung zu der Sache oder die Sache selbst ändern muss. Die Maurerausbildung, das Studium. „Vermutlich wäre ich 40 gewesen, bis ich ans Ziel gekommen wäre. Und irgendwie war immer alles nur Mittel zum Zweck“. Kreativität, das Gestalterische fehlten dem angehenden Akademiker – und die Sauerländer Heimat.
Wenn Florian Beimel mit seinem Meißel den Stein bearbeitet, mit der Hand über die Konturen und die Oberfläche streicht, liegt ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht. Seit fünf Jahren arbeitet der Steinbildhauer mit Leidenschaft in einem Betrieb im Stockumer Tal. Mittlerweile hat er die Selbstständigkeit vor Augen.
Höchste Handwerkskunst
In der Meisterschule in Aschaffenburg und oben auf dem Berg in seiner Privatwerkstatt am Elternhaus hat er im vergangenen Jahr begonnen, an den Modellen für ein beinahe kurioses Kunstwerk zu arbeiten: Eine Spirale wie eine DNA-Helix als Grundform. Natur und Technik wollte er abbilden. Das Ergebnis: „Mein bestes Stück!“ Eine steinerne Nisthilfe für Meisen. Die seien nicht so scheu. Und so werde man das Werkstück sehen können, hat sich Beimel überlegt. „Es ist immer wieder eine Herausforderung, möglichst viel Leben in ein Kunstwerk zu bringen“, erläutert der Steinbildhauer seinen Anspruch.
Ausstellung zum Staatspreis Manufactum bis Ende Juni
Für den Staatspreis Manufactum wurden 2021 insgesamt 375 Arbeiten in sechs Disziplinen eingereicht. 121 Arbeiten wurden von der Fachjury ausgewählt, die im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund zu sehen sind. Unter diesen Nominierten wählte ein Preisgericht Arbeiten von sechs Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern aus und zeichnete diese mit dem Staatspreis aus.Die Ausstellung ist noch bis zum 27. Juni 2021 zu sehen, abhängig von der „Coronalage“. Infos auf der Seite dortmund.de
Noch hängt die Nisthilfe aus Sander-Sandstein nicht am Haus im Sauerland. Florian Beimel hatte sich mit dem guten Stück für den NRW-Staatspreis Manufactum beworben. Nur alle zwei Jahre wird dieser mit insgesamt 60.000 Euro dotierte Preis in Nordrhein-Westfalen vergeben. Eine der höchsten Auszeichnungen für besonders hohe Handwerkskunst. „Allein nominiert gewesen zu sein, war für mich schon ein großer Erfolg“, sagt der Künstler. Sein Werk ist Teil der Ausstellung, die noch bis Ende Juni zu sehen ist (siehe Infobox) – und es spiegelt etwas davon wider, wer Florian Beimel heute ist.