Essen. Der Essener Chemiekonzern Evonik steigt größer in das Geschäft rund ums Kunststoff-Recycling ein und plant dadurch deutliche Umsatzsteigerungen.
Bei der Wiederverwertung von Kunststoffen zu helfen, anstatt sie wegzuschmeißen oder zu vernichten – so lautet das Ziel, mit dem der Essener Chemiekonzern Evonik verstärkt Geschäfte machen will. Hierfür setzt das Unternehmen auf die Entwicklung neuer und nachhaltiger Lösungen und bündelt sein Engagement. Das „Global Circular Plastics Program“ von Evonik soll beim Umbau zu einer Kreislaufwirtschaft helfen – und gleichzeitig dem Essener Konzern ab dem Jahr 2030 zusätzliche Umsätze von mindestens 350 Millionen Euro bescheren.
„Und das ist erst der Anfang“, sagt die zuständige Evonik-Managerin Lauren Kjeldsen. Die US-Amerikanerin ist seit Mitte 2020 für das Programm verantwortlich und spricht von einer „Herzensangelegenheit“, die sie auch als neue Chefin von einem der fünf Evonik-Kernbereiche vorantreiben wolle: der Abteilung „Specialty Additives“ mit rund einem Viertel des Konzernumsatzes im Jahr 2020 in Höhe von 12,2 Milliarden Euro. Dort entwickeln 3600 Mitarbeitende Additive (chemische Hilfs- und Zusatzstoffe), um Endprodukte haltbarer oder energiesparender zu machen – was in Zukunft noch mehr dem Recycling von Kunststoffen zu Gute kommen soll.
Evonik: Nachfrage für Recycling-Anwendungen ist groß
Denn Anwendungen zur Verwertung von Kunststoffen – pro Jahr werden nach Evonik-Angaben mehr als 350 Millionen Tonnen weltweit produziert – seien von Unternehmen stark nachgefragt, berichtet Kjeldsen und spricht von einem dynamischen Markt. Sie betont: „Nachhaltigkeit, Emissionen, Ressourcenverbrauch: Das sind Themen, die der Kapitalmarkt, die Unternehmen, die Politik und selbst Bewerber an uns herantragen. Es ist allgegenwärtig.“
Die Chemieingenieurin, sensibilisiert durch den Kunststoff-Konsum in ihrer US-Heimat mit Bergen von Verpackungen, nennt vier Faktoren für den Erfolg des zirkulären Wirtschaftens:
- Innovationen
- einheitliche Wettbewerbsbedingungen
- branchenübergreifende Kooperationen
- und ein Gleichgewicht von Menschen, Umwelt und Wirtschaftlichkeit.
Kjeldsen: „Darüber müssen wir eine offene Diskussion führen. Für mich ist das bislang zu viel Schwarz und Weiß, zu wenig gegenseitiges Zuhören.“
Verfahren für mechanisches und chemisches Recyceln
Evonik will sich auf Produkte fokussieren, die das mechanische und das chemische Recyceln verbessern. In erstem Verfahren werden Kunststoffe sortiert, gewaschen, aufgeschmolzen und aufbereitet – die Essener liefern dazu spezielle Additive, um etwa Etiketten von PET-Flaschen zu lösen oder Gerüche zu neutralisieren. Evonik will mit seinen Anwendungen die Menge an wiederverwertbarem, hochwertigem Recyclat um etwa fünf Prozent erhöhen und bis zum Jahr 2025 Lösungen für etwa 400.000 Tonnen recyclefähige Kunststoffe anbieten.
Auch für das chemische Recycling, bei dem Kunststoffe in seine polymeren Ketten aufgespalten und zu neuen Stoffen zusammengesetzt werden, arbeitet der Konzern an Verfahren. Hier sollen zum Beispiel stark verschmutzte PET-Abfälle wiederverwertet werden können. „Wir haben die Innovationskraft, um neue Stoffkreisläufe mit immer weniger fossilen und immer mehr zirkulären Rohstoffen zu gestalten“, sagt Harald Schwager, stellvertretender Evonik-Vorstandschef. „Dieses Potenzial werden wir nutzen.“