Bochum..
Die private Berufsfachschule Edu.Con verspricht eine fundierte Ausbildung. Doch statt eines sicheren Jobs bekommen die Absolventen am Ende ihrer Ausbildung nicht einmal einen Abschluss. Dafür sind sie hoch verschuldet.
Denise Drange (25) hat es nun schriftlich. Es ist einer der Briefe, die gleich in der ersten Zeile alles sagen. Auch dieser beginnt so: „Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen . . .“
Dies ist die Geschichte von Schülern aus dem Ruhrgebiet, die bei der privaten Berufsfachschule Edu.Con in Bochum einen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, nun aber befürchten, viel Geld und wertvolle Zeit verloren zu haben. Denn statt der „sicheren Zukunft“ und der „staatlich anerkannten Abschlüsse“, wie es auf der Internetseite versprochen wurde, stehen sie derzeit mit leeren Händen da: Weil den Absolventen offenbar die fachliche Eignung fehlt, verweigern die Industrie- und Handelskammern die Zulassung zur Prüfung. Denise Drange fühlt sich getäuscht: „Ich habe 17 500 Euro für die Ausbildung zur Gastronomiefachfrau bezahlt. Nun bekomme ich nichts. Ich stehe ohne alles da“, sagt sie.
Frei erfundene Berufe
Unter dem Dach der Edu.Con-Holding bietet das Weiterbildungsunternehmen in mehreren Bundesländern Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen an. „Für jeden genau das Passende“, so wirbt die Schule im Herzen Bochums. Zur Wahl stehen verschiedene Fachrichtungen: Beauty und Wellness, Tourismus, Informatik oder das Hotel- und Gastronomiegewerbe. Denise Drange unterschrieb dort im April einen Vertrag zur Ausbildung im Beruf Gastronomiefachfrau. „Dieser Beruf ist frei erfunden“, sagt heute Thomas Gdanietz, stellvertretender Geschäftsbereichsleiter der IHK in Bochum. Es ist nicht der einzige Widerspruch.
Immer wieder gab es Kritik an der Ausbildung in Bochum. Im Gegenzug bekamen es IHK und Arbeitsagenturen mit Rechtsanwälten von Edu.Con zu tun. Vor anderthalb Jahren will die IHK Bochum erstmals davon erfahren haben, dass Edu.Con Umschulungen und Ausbildungen durchführe. „Da wurde mit Inhalten geworben, die nicht mit uns abgestimmt waren“, sagt Gdanietz.
Edu.Con profitierte von Arbeitsagentur
Nach einer Besichtigung der Schule im September 2009 schrieb er dem Bildungsträger einen geharnischten Brief. Weder die schulische Ausbildung, noch die Ausbildungsstätte erfüllten die Anforderungen, stellte er fest. Insbesondere in der Ausbildung von Hotelfachleuten und Köchen haperte es, wie Gdanietz sagt: „In der Lehrküche fehlten Messer und Kochtöpfe.“Der Brief der IHK Bochum an die Edu.Con endet mit der Feststellung: Unter diesen Umständen sei nicht nachvollziehbar, wie die praktischen Handlungsvollzüge einer Umschulung auch nur annähernd nachvollzogen werden sollen. Die IHK informierte die Arbeitsagentur Bochum, denn die Umschulungsmaßnahmen bei Edu.Con wurden mit Bildungsgutscheinen finanziert.
Auch die Agentur prüfte vor Ort und wurde fündig: Geschäftsführer Tomas Keyen: „Wir haben bei einer Betriebsprüfung erhebliche Mängel in der Durchführungsqualität festgestellt. Am Tag der Betriebsprüfung standen beispielsweise die Teilnehmer zum Unterrichtsbeginn vor verschlossenen Türen, weil keine Referenten vor Ort waren. Der Fachunterricht unterschiedlicher Kurse wurde unzulässiger Weise zusammengelegt.“ Werner Marquis, Sprecher der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, kommt zu dem Schluss: „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit erheblicher Energie versucht wurde, die Bundesagentur zu schädigen.“
Bildungsministerium ließ drei Schulen schließen
IHK und Arbeitsagenturen setzten Edu.Con eine Frist, um die Mängel zu beseitigen. Dem sei das Unternehmen nachgekommen, betonen sie. Im Frühjahr, als für Denise Drange die Zulassung zur IHK-Prüfung näher rückte, änderte sich die Situation: In Brandenburg geriet Edu.Con in die Schlagzeilen, als das Bildungsministerium drei Schulen schließen ließ. Der Vorwurf: Die Firma soll zu Unrecht Millionen Euro an staatlichen Zuschüssen für Schüler kassiert haben, die nur auf dem Papier existieren. Das Zertifizierungsunternehmen GutCert, das die Qualität der Maßnahmen bescheinigen sollte, erkannte das Gütesiegel ab. Edu.Con weist die Vorwürfe zurück und will das Land auf Schadenersatz verklagen.
Doch die Vorgänge in Brandenburg schlugen Wellen bis nach Bochum. Dort hätten sich zu dieser Zeit die Mängel wieder gehäuft, sagt Denise Drange. Unterricht sei ausgefallen, Dozenten nicht mehr erschienen.Die Arbeitsagenturen zogen nun die Konsequenzen und widerriefen die Bildungsgutscheine. „Wir prüfen juristisch, die ausgezahlten Fördermittel zurückfordern zu können“, sagt Werner Marquis.
Auch Schule in Düsseldorf geschlossen
Edu.Con weist sämtliche Vorwürfe zurück. Der Schulbetrieb in Bochum werde weiter angeboten, es seien die Schüler gewesen, die zuletzt nicht erschienen seien, sagte Michael Heinrich, Bevollmächtigter der Edu.Con-Gruppe, auf Anfrage. Am 20. September soll die Schule wieder starten. Allerdings kündigte Heinrich Umstrukturierungen an, da inzwischen ein britischer Investmentfonds die gesamten Geschäftsanteile übernommen habe. Der Standort Bochum solle erhalten bleiben, der zweite NRW-Standort in Düsseldorf werde zunächst geschlossen.
Am heutigen Freitag will Michael Heinrich nach Bochum reisen, um den Schülern zu sagen, wie es weitergeht. „Ich werde da sein“, sagt Denise Drange.