Essen. Arbeitgeber möchten wissen, wie es ihren Mitarbeitern geht, ob sie gesund sind und fit genug, um die gewünschte Leistung zu bringen. Bei einem Gesundheits-Check vor der Einstellung werden Bewerber immer häufiger auch auf Drogenkonsum getestet. Datenschützer halten das für unzulässig.

Arbeitgeber möchten wissen, wie es ihren Mitarbeitern geht, ob sie gesund sind und fit genug, um die gewünschte Leistung zu bringen. Dabei übertreiben manche: Nacheinander machten Daimler, Müller, Lidl und nun die Post Schlagzeilen mit der unerlaubten Speicherung von Krankendaten. Andere Praktiken sind erlaubt oder befinden sich in einer großen arbeitsrechtlichen Grauzone. Dazu gehört etwa der Gesundheits-Check vor einer Einstellung. Immer häufiger werden Bewerber dabei auch auf Drogenkonsum getestet.




Vor allem große Unternehmen wollen wissen, ob Bewerber Drogen nehmen. Meistens per Urintest, manchmal auch mit einer Haarprobe filtern sie Rauschgiftkonsumenten heraus. Getestet wird auf THC (Cannabis), Kokain und vier bis fünf weitere gängige Substanzen. „Wir machen bei Neueinstellungen generell einen Gesundheitscheck mit Drogenscreening”, sagt Erwin Schneider, Sprecher von Thyssen-Krupp Stahl. Begründung: „Wir haben sensible Arbeitsplätze. Es wäre mit einem großen Risiko verbunden, wenn jemand abhängig ist.”

Tests auch in Chemie- und Autoindustrie

Auch die RAG Deutsche Steinkohle in Herne und der Essener Energiekonzern RWE testen Bewerber auf Drogen und verweisen vor allem auf die Sicherheit. „Wir können keine Leute gebrauchen, die unter Drogen stehen”, heißt es bei der RAG. „Mitarbeiter mit Suchtverhalten könnten sich und andere gefährden”, sagt RWE-Sprecher Martin Pack. Verbreitet sind die Tests auch in der Chemie- und der Autoindustrie. Der WDR lässt „im Einzelfall” auf Drogen prüfen. Und der Staat testet Bewerber für den Öffentlichen Dienst.

Rechtslage nicht eindeutig

So einfach ist die Rechtslage nicht. „In Deutschland gibt es keine klare Vorschrift. Es gilt abzuwägen zwischen dem Interesse des Arbeitgebers und des Bewerbers”, sagt Rolf Wank, Professor für Arbeitsrecht an der Bochumer Ruhr-Universität. Nur in wenigen Branchen sei das Interesse des Arbeitgebers zwingend, etwa dort, wo andere gefährdet werden könnten. Bei Piloten, Lokführern und Berufskraftfahrern ist der Test obligatorisch. „In jeder anderen Branche würde ein verpflichtender Test gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen”, sagt Wank.

Die Unternehmen umgehen diese juristische Hürde, indem sie Bewerber unterschreiben lassen, dass sie mit dem Test einverstanden sind. So wie Frauen auf die nicht erlaubte Frage, ob sie schwanger seien, falsch antworten dürften, könnten Bewerber den Drogentest ablehnen, erklärt Wank. Nur: Wer sich weigere, werde in der Regel auch nicht eingestellt. „Dieses Problem ist rechtlich nicht zu bewältigen.”

Freiwilligkeit nicht gegeben

Datenschützer lassen diese Art von Freiwilligkeit nicht gelten und halten die Einwilligung für rechtlich unwirksam. „Wer nur die Wahl zwischen dem Drogenscreening oder keiner Einstellung hat, gibt die Einwilligung gerade nicht freiwillig ab”, erklärte Bettina Gayk, Sprecherin der Landesbeauftragten für Datenschutz in NRW. Sie hält Drogentests in nicht sicherheitsrelevanten Berufen für unzulässig.

Eine ganz andere Frage ist die nach der Sinnhaftigkeit solcher Tests. In einschlägigen Internetforen hat sich diese Einstellungs-Praxis längst herumgesprochen. Mit wenigen Klicks erhält etwa ein regelmäßiger Cannabis-Konsument die Anleitung, wie er den Test bestehen kann. „Wer durchfällt, sind die Gelegenheits-Konsumenten, die sich nichts dabei denken”, sagt Wank. Das gibt auch Landesdatenschutzbeauftragte zu Bedenken: „Bei einigen Tests wird ein Drogenkonsum zwar belegt, eine valide Aussage über eine Abhängigkeit ist aber nur sehr begrenzt möglich.”

Eine zweite Chance

Geprüft werden darf außerdem nur auf illegale Drogen. Die mit Abstand verbreitetste Droge, die auch den größten volkswirtschaftlichen Schaden durch Arbeitsausfall anrichtet, ist aber der Alkohol.

Die IG Metall in NRW verweist auf die betriebliche Suchtprävention als den richtigen Weg. Das sei besser, als Bewerber auszusortieren.

Allerdings wird nicht jeder, der durchfällt, gleich nach Hause geschickt. Der RWE-Konzern etwa betont, dass jeder Bewerber eine zweite Chance erhalte. „Nach einem positiven Test reden wir mit dem Bewerber. Er kann den Test wiederholen”, heißt es.