Berlin..


Die Bundesregierung steht wegen ihrer Enthaltung in der europäischen Genmais-Debatte weiter heftig in der Kritik. Schwarz-Rot habe „dem Genmais Tür und Tor geöffnet“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter der „Passauer Neuen Presse“. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erklärte, die Regierung riskiere „Gesundheit und Umwelt europaweit“. Kritik kam auch von CSU-Politikern. Umstritten ist, inwieweit nationale oder regionale Einzelregelungen machbar und sinnvoll sind.

Der Genmais 1507 steht vor einer Zulassung in der EU – obwohl die große Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen ist. Bei einer Sitzung von Ministern der EU-Staaten gab es am Dienstag in Brüssel bei deutscher Enthaltung keine ausreichende Mehrheit gegen eine Anbauerlaubnis. Die EU-Kommission muss den Mais nun genehmigen.

„Gentechnischer Flickenteppich“

„Damit tragen CDU, CSU und die SPD Verantwortung dafür, wenn Gentechnik jetzt auf die Äcker und auf die Teller kommt“, resümierte Grünen-Chefin Peters. „Die Ermöglichung der Zulassung des Genmais in Brüssel ist ein Offenbarungseid dieser Bundesregierung und ein Dammbruch für Gentechnik in Europa.“

Peters Parteikollege Hofreiter erklärte in Berlin, die Regierung betreibe „schlimmste Heuchelei“, da sie in Deutschland gegen Genmais sein wolle, in Europa aber den Weg dafür frei mache. Es bestehe nun die Gefahr eines „gentechnischen Flickenteppichs“ in Europa. Die Grünen im Europaparlament drohten zuständigen Kommissar mit einem Misstrauensantrag.

„Pollen kennen keine Grenzen“

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirte (AbL) warnte, eine mögliche einzelstaatliche Regelung sei höchstens eine „Notlösung“. Man dürfe sich nichts vormachen: „Die Pollen der genmanipulierten Pflanzen kennen keine politischen Grenzen“, sagte die AbL-Vorsitzende Maria Heubuch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Über die Frage, wie Mitgliedstaaten den Anbau einer Genpflanze trotz EU-Zulassung auf ihrem Gebiet verhindern können, wird in der EU bereits gestritten. Bislang ist ein kompliziertes Verfahren nötig, bei dem ein Staat eine mögliche Gefahr für die Umwelt oder die Menschen durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen muss. Die EU-Kommission hofft nun auf neuen Schwung in den Beratungen eines Vorschlags aus dem Jahr 2010, der den Mitgliedstaaten den Bann einer Genpflanze erleichtern soll.

Bisher wurde die Neuerung blockiert – unter anderem von Deutschland. Unter dem Eindruck der Debatte um den Mais 1507 haben sich sowohl Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) als auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) für Ausstiegsklauseln auf Länderebene ausgesprochen. Deutschland könnte sich in diesem Punkt möglicherweise bewegen. Über die Novelle sollen die EU-Agrarminister Anfang März beraten.

Die Landwirtschaftsexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Kirsten Tackmann, warnte, ein europäischer Flickenteppich sei „ökologisch riskant und seine Kontrolle volkswirtschaftlich teuer“. Da es die nötige EU-Regelung noch nicht gebe, sei Friedrichs Position zudem „unseriös“.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte, es solle nun „zügig eine Ausstiegsklausel“ erreicht werden. Jedes Land solle eigenständig entscheiden können, ob auf seiner Fläche Genmais angebaut werden dürfe. Bayern bleibe gentechnikfrei.