Essen. Im ersten Halbjahr hat RWE trotz der Corona-Krise den Gewinn erhöht. Finanzchef Krebber warnt vor Altmaiers Gesetzesnovelle für Meeres-Windparks.
Der Stromerzeuger RWE gehört zu den wenigen Konzernen, denen die Corona-Pandemie nicht zusetzt: Die Essener verdienten im ersten Halbjahr 2020 sogar deutlich mehr Geld: Der bereinigte Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) sprang um ein Drittel auf 1,1 Milliarden Euro, netto bleiben davon 795 Millionen Euro übrig. Deshalb hält der Dax-Konzern auch an seinem Versprechen fest, mehr Geld an seine Anteilseigner auszuschütten und die Dividende auf 85 Cent je Aktie anzuheben. Das bekräftigte Finanzvorstand Markus Krebber, zugleich designierter Nachfolger des Konzernchefs Rolf Martin Schmitz.
„Die Weltwirtschaft wird absehbar weiter im Schatten von Corona stehen. Doch RWE kommt bislang gut durch diese Zeit“, sagte Krebber zur Halbjahresbilanz. Daher rechne man für das Gesamtjahr 2020 damit, die obere Bandbreite der Prognose erreichen zu können. Das wären beim operativen Gewinn (Ebit) 1,5 Milliarden Euro und netto 1,15 Milliarden Euro. Die Finanzmärkte reagierten zunächst positiv, die RWE-Aktie legte bis zum Nachmittag gegen den Dax-Trend kräftig um bis zu 2,5 Prozent zu. Eon hatte am Vortag seine Prognose senken müssen.
Nach Braunkohle-Ausstieg will RWE grün werden
Nachdem RWE mit der Bundesregierung einen Ausstiegsplan für seine Braunkohlereviere im Rheinland bis 2038 und Entschädigungen von rund 2,6 Milliarden Euro für die Abschaltung der ersten Kraftwerke in den kommenden Jahren ausgehandelt hat, will der Stromriese nun grün werden. „Wir sind strategisch gut aufgestellt und treiben den Ausbau unseres Kerngeschäfts mit hohem Tempo voran“, sagte Krebber. RWE wolle bis 2040 klimaneutral werden und „einer der weltweit führenden Anbieter im Bereich Erneuerbare Energie bleiben”.
Dabei komme man gut voran, betonte Krebber. Als Beispiele nannte er die geplante Übernahme des Entwicklungsgeschäfts für Onshore-Windkraft- und Solarprojekte des angeschlagenen Windradbauers Nordex. RWE erwerbe damit eine Projektpipeline mit insgesamt 2,7 Gigawatt Ökostrom. Ein weiteres Großprojekt ist der Meeres-Windpark (Offshore) Sofia vor der ostenglischen Küste. Hier sollen 100 Windturbinen künftig auf eine Stromerzeugungskapazität von 1,4 GW kommen. Auch beim Zukunftsthema Wasserstoff, dem er die Kohle als klimaschädlichen Energieträger der Industrie ablösen soll, beteilige sich RWE an Projekten in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden.
RWE kritisiert Novelle des Meereswindparks-Gesetzes
Sorgen bereiten Krebber in Deutschland vor allem die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geplanten Änderungen am Windenergie-auf-See-Gesetz. Er will in künftigen Ausschreibungen für den Bau neuer Offshore-Anlagen so genannte Nullgebote bestrafen: Den Zuschlag erhält bisher, wer vom Staat am wenigsten Förderung haben will. Da zuletzt häufiger „Nullgebote“ abgegeben wurden, also potenzielle Betreiber gar keine Unterstützung mehr haben wollten, sollen sie künftig dem Staat in einer zusätzlichen Gebotsrunde noch Geld draufzahlen, um bauen zu dürfen.
Wie die Küsten-Bundesländer auch sieht Krebber darin eine Gefahr, dass sich Ausbau der Meereswindparks verzögern könnte. Diese sollen nach dem Willen der Bundesregierung aber eine zentrale Rolle bei der Energiewende raus aus den Kohlekraftwerken spielen, die Offshore-Ausbauziele wurden unlängst heraufgesetzt. „Neben ehrenwerten Zielen muss die Politik auch den Rahmen für die Energiewende so setzen, dass sie gelingen kann“, sagte Krebber. Ein Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2035 sei jedenfalls nur möglich, wenn neben anderen Faktoren auch der Ökostrom-Ausbau „optimal“ laufe.