Essen. Das von den umstrittenen Samwer-Brüdern gegründete Internetunternehmen will bis zu 750 Millionen Euro über Aktien einsammeln. Zehn bis elf Prozent sollen auf den Markt gebracht werden. Wie teuer die Aktien werden sollen, ist bislang unbekannt.

Ihre Firmen sind bekannt, sie selbst kennt kaum jemand in Deutschland. Oliver, Alexander und Marc Samwer gelten als Deutschlands wichtigste Internetunternehmer. „Paten des Internets“ werden sie genannt und kennen angeblich nur ein Ziel: Gewinnen. Wie gestern bekannt wurde, wollen die Samwer-Brüder ihren schnell wachsenden Mode-Händler Zalando noch in diesem Jahr an die Börse bringen. Ein genauer Termin wird allerdings noch nicht genannt. Zalando will zehn bis elf Prozent am Unternehmen auf den Markt bringen. Es gab zunächst auch keine Hinweise darauf, wie teuer die Aktien werden sollen.

„Abhängig vom Börsenumfeld“ solle die Aktienplatzierung im zweiten Halbjahr 2014 über die Bühne gehen, teilte die Zalando SE am Mittwoch in Berlin mit. Kurz davor hatte bereits das „Handelsblatt“ von der geplanten Ankündigung berichtet. Finanzkreisen zufolge könne die Höhe des Emissionsvolumens bis zu 750 Millionen Euro betragen, berichtete die Zeitung. Nach bisherigen Informationen wollte Zalando beim Börsengang eine Gesamtbewertung von bis zu fünf Milliarden Euro anstreben.

Reich und unbeliebt

17 Prozent hält der Samwer-Fonds Global Founders an Zalando, ist nach der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Kinnevik (36 Prozent) zweitgrößter Anteilseigner des Schuh- und Modehändlers. Die Samwer-Brüder sind ebenso reich wie unbeliebt – allen voran Oliver Samwer, der sich selber mal als „aggressivsten Mensch des Planeten im Internet“ bezeichnet hat. Man kann sich das gar nicht vorstellen, wenn man ihn sieht, vor allem aber hört. Harmlos sieht der Mann aus, spricht ruhig und mit auffallend hoher Stimme, in seinem angeblich ersten TV-Interview, das das ZDF-Magazin „Frontal 21“ neulich mit ihm führte. Doch der Eindruck täuscht. Der 40-Jährige gilt als Wolf im Schafspelz. Nett zu Menschen, solange er etwas von ihnen will, cholerisch und mit Büromaterialien werfend, wenn etwas nicht so läuft, wie er sich das vorstellt.

Groß werden die drei Samwers in wohlhabenden Kölner Verhältnissen. Der Vater ist lange einer der bekanntesten Anwälte der Domstadt. 16 ist der älteste der Brüder, da schließen sie, so zumindest eine der heute gerne erzählten Legenden, während eines Segeltörns einen Pakt. Gemeinsam wollen sie ein Unternehmen gründen, erfolgreich werden. Nach Einser-Abis und Abschlüssen an internationalen Spitzenunis ist es 1990 soweit. Da gründet das Trio das Internet-Auktionshaus Alando – eine dreiste 1:1-Kopie des gerade in den USA erfolgreichen Ebay. Keine sechs Monate dauert es, da kauft das Original die Nachahmer auf. Für angeblich 90 Millionen Mark.

Spätestens seitdem müssten sie nicht mehr arbeiten. Aber sie machen genau das Gegenteil und sie machen es oft ähnlich wie beim gelungenen Debüt. Ob der Klingeltonanbieter Jamba, das Gutscheinportal Groupon oder Home 24, immer wieder kopieren sie Geschäftsideen aus Übersee, machen sie in atemberaubenden Tempo groß und verkaufen sie für viel Geld. „Copycats“ werden sie in den USA genannt und viele im Silicon Valley, der Ideenschmiede der IT-Branche, wünschen ihnen die Pest an den Hals. Was Oliver Samwer nicht sonderlich beeindruckt. Er sei, hat er mal gesagt, eben weniger Einstein, sondern mehr Bob der Baumeister. Kein Erfinder, ein Macher.

„Ich sterbe, um zu gewinnen“

Zalando halten die Samwer-Brüder für ihre Verhältnisse schon recht lange. Geld verdient haben sie damit bisher nicht. Im Gegenteil. Nach Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe vermeldete der Online-Händler vor wenigen Wochen erstmals schwarze Zahlen und will nun mit dem Börsengang Geld für die Expansion einsammeln.

Für die Samwers ist der Zalando-Börsengang offenbar nur der Anfang. In Finanzkreisen wird damit gerechnet, dass sie schon bald darauf auch die Internet-Schmiede „Rocket Internet“ an die Börse bringen werden, in denen sie 70 sogenannte Start-ups zusammengefasst haben. Viele davon sind weit entfernt davon, Gewinn abzuwerfen. Wie Oliver Samwer das ändern will, hat er schon vor einigen Jahren seinen Führungskräften in einer E-Mail mitgeteilt: „Ich werde sterben, um zu gewinnen, und erwarte dasselbe von euch.“