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Die Grünen in NRW wollen die Ladenöffnungszeiten auf 22 Uhr verkürzen. Doch welche Regeln gelten nach derzeitigem Ladenschlussgesetz überhaupt?
Die Grünen im Landtag drängen auf eine Verkürzung der Ladenöffnungszeiten in Nordrhein-Westfalen. So will der neue Fraktionschef Reiner Priggen den Ladenschluss generell auf 22 Uhr herabsetzen. Erst 2006 war das Ladenschlussgesetz unter Rüttgers schwarz-gelber Regierung liberalisiert worden: Derzeit dürfen Geschäfte demnach von montags bis samstags rund um die Uhr für ihre Kunden öffnen. Doch nimmt der Einzelhandel in NRW diese Möglichkeit überhaupt in Anspruch? Welche Vor- und Nachteile würde es mit sich bringen, wenn der Einzelhandel künftig nur noch begrenzt öffnen dürfte? Wer wäre davon besonders betroffen? Für welche Geschäfte gibt es Ausnahmeregelungen? Und wie gehen andere Bundesländer damit um?
Die Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes gelte für alle Geschäfte und habe für Einzelhändler den Vorteil, selbst zu entscheiden, wann und wie lange sie ihr Geschäft öffnen, erklärt Miriam Grotjahn, Sprecherin im NRW-Wirtschaftsministerium. Vor 2006 durften die Verkaufsstellen an Werktagen bis 20 Uhr öffnen.
Zwölfstundentage im Büro sind keine Seltenheit mehr
Wesentlich dazu beigetragen, die Öffnungszeiten freizugeben, habe auch die Tatsache, dass sich der Lebensstil der Käufer und die gesellschaftliche Sozialstruktur verändert haben: „Noch vor zehn oder 15 Jahren war es nicht üblich, dass die Leute bis 20 Uhr gearbeitet haben. Heute sind Zwölfstundentage im Büro keine Seltenheit mehr“, so Grotjahn. Zudem gebe es mehr Single-Haushalte. Vor allem für diese Menschen seien Geschäfte, die auch noch spät geöffnet haben, „eine Erleichterung und notwendig, um sich nach der Arbeit überhaupt verpflegen zu können“.
So sind viele Lebensmittelgeschäfte, vor allem große Supermarktketten, inzwischen dazu übergegangen, ihre Öffnungszeiten an Werktagen auf 22 Uhr, zum Teil sogar bis Mitternacht auszudehnen. Die Supermarktkette Real öffnet derzeit an rund 80 ihrer 87 Markt-Standorte in NRW bis 22 Uhr. „Wir begrüßen die Lockerung der starren deutschen Ladenöffnungszeiten“, sagt Markus Jablonski, Leiter der Real-Unternehmenskommunikation. „Wir wollen dann öffnen können, wenn der Kunde es wünscht.“ Laut Jablonski befürworten es viele Kunden, auch noch spät abends einzukaufen: „Überwiegend Berufstätige und Familien nutzen gerne die verlängerten Öffnungszeiten, um gemeinsam einkaufen gehen zu können.“
Daneben spielen flexible Ladenöffnungszeiten auch im Wettbewerb der Einzelhändler eine bedeutende Rolle: „Der Konkurrenzkampf wird nicht nur durch Preis und Verkaufsfläche, sondern auch durch Öffnungszeiten bestimmt“, sagt Folkert Küppers, Gewerkschaftssekretär für den Fachbereich Handel bei Verdi. Besonders die Lebensmittelkette Rewe presche mit Ladenöffnungszeiten bis 24 Uhr nach vorne, um sich so gegen die Preise von Märkten wie Aldi zu behaupten. Zu den Auswirkungen, die verkürzte Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr auf die Rewe-Märkte haben könnten, wollte sich Unternehmenssprecher Andreas Krämer zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht äußern.
Andere Situation bei den Bekleidungshändern
Anders als bei vielen Lebensmittelgeschäften, ist es etwa für Bekleidungshändler keine Option, ihre Ladentüren bis spät in die Nacht zu öffnen. „Zu Beginn der Gesetzesgültigkeit 2006 hatten viele Modegeschäfte in den größeren Städten bis 22 Uhr geöffnet, sind aber schnell wieder zum üblichen Ladenschluss ab 18.30 oder 20 Uhr zurückgekehrt“, sagt die Sprecherin des NRW-Wirtschaftsministeriums, Miriam Grotjahn.
Für Axel Augustin, Geschäftsführer des Bundesverbands des Deutschen Textilhandels, liegt der Grund hierfür auf der Hand: „Der Handel ist nachfragegesteuert. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kunden das Angebot, spät abends Kleidung einzukaufen, nicht angenommen haben.“ Eine Hose zu kaufen sei eben in den meisten Fällen nicht so dringend, wie abends nach der Arbeit noch schnell Lebensmittel zu besorgen, wenn der Kühlschrank zuhause leer sei.
Auch wenn durch längere Öffnungszeiten prinzipiell der Umsatz steigt, so ist dieser, so Augustin, für die Bekleidungsbranche „nicht ertragreich, weil durch Nachtzuschläge höhere Ausgaben entstehen“. Denn gesetzlich sind Arbeitgeber ab 20 Uhr dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitern einen Nachtzuschlag von 55 Prozent ihres Gehalts zu zahlen. Dennoch ist Augustin dagegen, die Ladenöffnungszeiten generell einzuschränken, so wie es die Grünen in NRW fordern: „Auch wenn es wenig Sinn macht, ein Modegeschäft dauerhaft bis 24 Uhr zu öffnen, kommt Mitternachtsshopping als monatliches Event bei vielen Kunden gut an.“
Nachtarbeit ist auf Dauer gesundheits- und familienschädlich
Im Gegensatz zu vielen Einzelhändlern befürwortet Verdi-Geschäftssekretär Folkert Küppers eine Begrenzung der Ladenöffnungszeiten, denn: „Dass Nachtarbeit auf Dauer gesundheits- und familienschädlich ist, ist nachgewiesen und schon lange bekannt.“ Anders als in Krankenhäusern sei im Einzelhandel nicht notwendig, 24 Stunden zu öffnen. „Dafür ist Bayern das beste Beispiel. Hier schließen die Geschäfte seit Jahren um 20 Uhr, Engpässe gibt es dort trotzdem nicht“, betont Küppers.
Ob die Ladenöffnungszeiten künftig verkürzt werden, darüber wird laut Wirtschaftsministerium erst im kommenden Jahr entschieden. Dann müsste auch geklärt werden, welche Konsequenzen eine neue Regelung auf bisherige Sondergenehmigungen für Hofläden, Apotheken, Tankstellen und Geschäfte auf Flughäfen und Bahnhöfen hätte. Genau wie Bäckereien, Trinkhallen und Blumengeschäfte dürfen diese auch an Sonn- und Feiertagen öffnen.
„Vor allem Tankstellen haben ihr Sortiment in den vergangenen Jahren extrem aufgestockt, was der Einzelhandel massiv zu spüren bekommen hat“, sagt die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Miriam Grotjahn. „Wenn sich verkürzte Ladenöffnungszeiten so auswirken, dass sich ein großer Teil des Umsatzes künftig auf Tankstellen verlagert, dann wäre das für den Einzelhandel ein Problem.“