Essen. SPD und Gründe wollen Ehegattensplitting abschaffen, Union nicht. Dabei könnte das eine halbe Million neue Jobs schaffen, prognostiziert das RWI.
Einmal mehr ist das Ehegattensplitting ein Wahlkampfthema. SPD, Grüne und Linke wollen es ihren Wahlprogrammen zufolge abschaffen. Die Union bliebt als letzte große Bastion gegen ein Ende des Steuerprivilegs für Ehepaare, unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Nun hat das Essener RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung die möglichen Folgen ausgerechnet und bereichert die Debatte um ein starkes Argument: Die Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer Individualbesteuerung würde „mehr als eine halbe Million zusätzliche Vollzeit-Arbeitskräfte“ in Deutschland entstehen lassen.
Dadurch könnte auch das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 1,5 Prozent steigen, „dies würde auch die Staatsverschuldung reduzieren“, heißt es in der RWI-Simulation. Die Steuerlast soll durch die Abschaffung unterm Strich gleich bleiben. Da manche Haushalte durch eine Abschaffung des Ehegattensplittings benachteiligt würden, sollte die Politik insbesondere finanziell schwächere Familien durch weitere Steuerreformen gezielt entlasten, raten die Wirtschaftsforscher.
Mehr zu arbeiten lohnt sich für viele Ehefrauen nicht
Das Ehegattensplitting sorgt durch eine gemeinsame Veranlagung für eine geringere Besteuerung von Ehepaaren – je größer der Unterschied zwischen den Einkommen der Partner, desto größer ist der Steuervorteil. Das unterstützt die alte Rollenverteilung einer gar nicht oder wenig arbeitenden Frau, weil der Anreiz für sie, mehr zu arbeiten, wegen der dann steigenden Steuerlast gering ist.
„Durch das jetzige Steuersystem sind die Arbeitsanreize für viele verheiratete Frauen in Deutschland besonders gering“, sagt auch RWI-Finanzexperte Robin Jessen. Durch eine individuelle Besteuerung würde der Partner mit dem höheren Einkommen mehr Steuern zahlen, der andere weniger. Für Letzteren würde es sich dann eher lohnen, mehr zu arbeiten. Da dies mehrheitlich Frauen betrifft, könnte sich die Abschaffung „sehr positiv auf die Geschlechtergleichheit in Deutschland auswirken“, sagt Jessen.
CDU und CSU halten am Ehegattensplitting fest
Grüne, SPD und Linke wollen das Splitting deshalb abschaffen und beide Partner einzeln besteuern, wobei die SPD keinen harten Schnitt, sondern Bestandsschutz für die bestehenden Ehepaare will. CDU und CSU betonen in ihrem am Montag vorgestellten Wahlprogramm, am Ehegattensplitting festhalten zu wollen.