Dortmund/Sundern.. Zahlreiche Strom- und Gasanbieter informieren Kunden in „Sonderverträgen“ nur noch per E-Mail über Tarifänderungen. Weil elektronische Post aber oft im Spam-Filter landet oder leicht übersehen werden kann, verpassen viele Verbraucher die ihnen bei Preiserhöhungen zustehenden Sonderkündigungsfristen.

E-Mails sind schnell verschickt – und ebenso schnell auch in der Flut des täglichen Posteingangs zwischen Werbemails und Spam übersehen. Dumm nur, wenn dabei auch wichtige Nachrichten untergehen: Informationen zu Preiserhöhungen des Strom- oder Gastarifs beispielsweise. Weil diese Gefahr groß ist, müssen nach Ansicht der Verbraucherzentrale die Energieversorger auch weiterhin ihre Änderungen als normale Briefe versenden. Dagegen sträuben sich die Anbieter – weil es ihre Billig-Angebote teurer machen würde.

Im Internet hatte eine Verbraucherin aus Sundern einen günstigen Anbieter für ihre Hausversorgung gesucht und bei den Stadtwerken Duisburg den Vertrag „Rheinpower“ abgeschlossen. Als im August die Jahresabrechnung kam, staunte sie nicht schlecht: Der Tarif war deutlich höher, als ursprünglich abgeschlossen – allein der Jahresgrundpreis war um 38 Prozent gestiegen.

Unbemerkt von ihr hatten die Duisburger den Tarif erhöht – und das angeblich per Mail angekündigt. „Das war für die Kundin nicht akzeptabel. Sie wollte den Vertrag sofort kündigen, aber die Frist war abgelaufen“, berichtet Cordula Scheer, Unternehmensberaterin aus Sundern, die sich auf das Thema Energieverträge spezialisiert hat. Einem „Sonderkündigungsrecht oder dem eigenmächtigen Kürzen der Abschläge kann nicht stattgegeben werden“, teilten die Stadtwerke Duisburg ihrer Kundin mit, nachdem diese sich beschwert hatte. Mindestens ein Jahr soll sie jetzt weiter den Vertrag mit den deutlich höheren Kosten zahlen.

Zwei Urteile vor dem Landgericht Dortmund erstritten

Die Kundin aus Sundern ist kein Einzelfall. „Uns ist eine Vielzahl von ähnlichen Fällen bekannt“, sagt Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale NRW. Die Grundversorgungsverordnung (GVV) schreibe eine Information der Kunden per Brief vor. Ihnen müsse vor der Tarifanpassung ein sechswöchiges Sonderkündigungsrecht eingeräumt werden, um aus dem Tarif aussteigen zu können, wenn ihnen die Preiserhöhung nicht passt. Doch viele Energieversorger würden sich darauf nicht einlassen, hat die Verbraucherzentrale erfahren.

Wie die Stadtwerke Duisburg. „Unsere gesamte Kommunikation mit den Kunden der Sonderverträge läuft online“, begründet Thomas Nordiek, Pressesprecher des Energieversorgers. Ankündigungen zu Tariferhöhungen würde sein Unternehmen nicht per Post verschicken, weil die E-Mail günstiger ist. Das sei, so Nordiek, ein „übliches Verfahren“.

Aber offenbar nicht korrekt, meint die Verbraucherzentrale und kann sich auf zwei Urteile berufen, die sie vor dem Landgericht Dortmund gegen den Stromanbieter „Energiehoch 3 GmbH“ und Gelsenwasser erstritt.

Die Duisburger stellen sich stur

Weil Kunden eine E-Mail leichter als einen „richtigen“ Brief übersehen, sei die elektronische Nachricht über die Preiserhöhung nicht als gleichwertig anzusehen, urteilten die Dortmunder Richter.

Die Sunderner Kundin bezweifelt zudem, dass sie überhaupt eine Mail bekommen hat. „Wir haben durch einen Fachmann das Mailprotokoll des Routers prüfen lassen – da tauchte nichts von den Stadtwerken Duisburg auf“, sagt Cordula Scheer. Weil die Duisburger sich stur stellen, hat sie den Fall jetzt vor die neu eingerichtete Schlichtungsstelle in Berlin gebracht.

Vielleicht wird dort schneller eine Einigung erzielt als vor Gericht. Denn „Energiehoch 3“ und Gelsenwasser haben die in Dortmund gesprochenen Urteile angefochten. Nächste Woche wird vor dem Oberverwaltungsgericht in Hamm erneut die Klage der Verbraucherschützer verhandelt – und möglicherweise an die nächste Instanz verwiesen.