Hagen. Nicht mit Inflation, sondern mit guten Gewinnen der Branche begründet die IG Metall die Forderung nach 8,2 Prozent mehr Lohn in der Stahlbranche.
Die Industriegewerkschaft Metall geht mit der Forderung nach 8,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Tarifverhandlungen für die rund 68.000 Beschäftigten in der Eisen- und Stahlindustrie in Nordwestdeutschland. „Es ist in der Tarifkommission um jedes Zehntel gerungen worden“, betont Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer. Man könne sich nicht am besten und nicht am schlechtesten Unternehmen orientieren, wenn man eine Forderung für die Fläche aufstelle. Insofern „fühlen wir uns mit dem Beschluss in Höhe von 8,2 Prozent sehr wohl“, sagt Giesler.
Die letzte prozentuale Erhöhung der Tabellenentgelte gab es für die Branche mit dem Abschluss 2019, als man sich auf 3,7 Prozent mehr Lohn und Gehalt einigte. Außerdem ab 2020 ein Tarifzusatzentgelt in Höhe von 1000 Euro oder wahlweise freie Tage. Beim Abschluss 2021, nach einem miesen Jahr für die Branche, standen lediglich eine Coronaprämie in Höhe von 500 Euro und ein Tarifzusatzentgelt II in Höhe von 500 Euro zu Buche, das ab 2023 auf 600 Euro erhöht wird und mit den Tarifabschlüssen mitwächst.
„Stahlbranche geht es wirklich gut“
2019 lag die Inflationsrate bei 1,4 Prozent, 2020 gar nur bei 0,5 Prozent. Im vergangenen Jahr stieg sie allerdings bereits auf 3,1 Prozent. Für dieses Jahr werden mehr als fünf Prozent prognostiziert. „Ich will gar nicht über Inflationsausgleich reden. Dann müssten wir eine deutliche höhere Forderung stellen“, sagt Knut Giesler. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spürten die deutlich gestiegen Preise im Einkaufswagen und an der Tankstelle. Die aktuelle Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der monatlichen Entgelte beruhe darauf, dass es den Stahlproduzenten, bis auf ein, zwei Ausnahmen, „wirklich gut gehe“, erinnert Giesler an die jüngsten Unternehmensmeldungen. Die Salzgitter AG beispielsweise beendete 2021 mit einem deutlich besseren Ergebnis als gedacht und prognostizierte im Februar für das laufende Jahr einen Umsatz von rund 11 Milliarden Euro (Vorjahr: 9,8 Milliarden Euro) und einen Gewinn vor Steuern von 600 Millionen Euro bis 750 Millionen Euro.
Kein Fingerzeig für die Metall- und Elektroindustrie
Auch Thyssenkrupp oder die Georgsmarienhütte hätten meldeten gute Geschäfte trotz der unsicheren Lage wegen des Ukrainekriegs und den explodierenden Energie- und Rohstoffpreisen. „Momentan können die Unternehmen diese Kosten weitergeben“, argumentiert Giesler und nennt ein Beispiel: Der Warmbandpreis pro Tonne habe am 18. April 2022 bei 1351 Euro gelegen. Am 23. Februar, einen Tag vor Kriegsausbruch, habe der Preis noch 965 Euro betragen.
Für die Ende September anstehenden Verhandlungen in der Metall- und Elektrobranche lasse sich aus dem Beschluss vom Dienstag nichts ablesen: „Es ist ein stahlspezifische Forderung, weil es der Branche eben wirklich gut geht“, betont Giesler.
Vorausgesetzt, der IG Metall Vorstand bestätigt die Forderung am 8. Mai, geht die Gewerkschaft damit am 13. Mai in die ersten Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Für die Branche in Nordwestdeutschland endet die Friedenspflicht am 31. Mai dieses Jahres.