Bochum. Der Bochumer Luxusteppich-Designer Jan Kath hat einen Großteil der Corona-Zeit in Thailand verbracht. Seine Werke präsentiert er nun über Zoom.

Seit Jahren pendelt Jan Kath zwischen Bochum und der Stadt Chiang Mai im Norden Thailands. Seinen üblichen Rhythmus – zwei Monate dort, ein Monat hier – hat die Corona-Pandemie durcheinandergebracht. „Die Corona-Lage hatte sich so verschärft, dass ich nicht zurückwollte“, erzählt Kath. Also blieb er im vergangenen Jahr von Januar bis August in seinem „tropischen Outdoor-Büro“, wie Kath sein Zuhause in Thailand bezeichnet. Gemeinsam mit seiner Frau wohnt er in einem Haus auf dem Lande – „mit Hund, Katze, Maus und einem großen Garten im Dschungel“, sagt er, „da wachsen einem die Bananen fast in den Mund hinein“.

Die französische Modeindustrie gehört zu den Hauptkunden des Bochumer Luxusteppich-Designers Jan Kath (48).
Die französische Modeindustrie gehört zu den Hauptkunden des Bochumer Luxusteppich-Designers Jan Kath (48). © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Als Designer von Luxus-Teppichen hat sich der Bochumer Unternehmer einen Namen gemacht. Zu seinen Kunden gehörten schon der frühere US-Präsident Bill Clinton oder Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers. Für die Hochzeit von Fürst Albert und Charlene in Monaco hat Jan Kath den roten Teppich geliefert. Etwa die Hälfte seines Geschäfts macht er mit der Ausstattung von Läden, Lounges oder Restaurants auf VIP-Niveau. Die französische Modeindustrie gehört zu seinen Hauptkunden. Es sind hochpreisige Luxusgüter, die Kath herstellt. Seine Quadratmeterpreise liegen zwischen 800 Euro bis 3000 Euro. In Bochum hat er eine ehemalige Fabrikhalle zu Ausstellungsräumen umfunktioniert. „Ich lebe meinen Traum“, sagt Kath.

Die vergangenen 20 Jahre seien allerdings auch „ziemlich stressig“ gewesen, erinnert sich der Designer. „Ich hatte jeden Monat ein, zwei oder drei Langstreckenflüge. Manchmal wusste ich nicht mehr, wie viel Uhr wir haben.“ Die Zeit während der Pandemie sei das erste Mal seit langem gewesen, in der er viele Monate nicht gereist sei. „Meine Arbeit kann ich eigentlich von jedem Ort der Welt machen, wenn ich einen guten Computer und eine ordentliche Internetverbindung habe“, sagt Kath. Die Entschleunigung habe ihm gutgetan: „Ich hatte noch nie so einen kreativen Schub wie im vergangenen Jahr. Das hat sich auch in der Kollektion gezeigt.“

„Es war mit anzusehen, wie Corona jede Region erfasst hat“

Die Corona-Krise sei aber auch für ihn eine Belastung gewesen: „Es gab eine Phase, in der mich die Pandemie schon ziemlich nervös gemacht hat“, sagt Kath. „Ich habe mich gefragt: Funktioniert unser Geschäftsmodell noch?“ Beim Verkauf ist sein Unternehmen international unterwegs – in China und Südostasien ebenso wie im Mittleren Osten und in Europa oder Amerika. „Es war mit anzusehen, wie Corona jede Region erfasst hat.“

Seine Luxusteppiche stellt Jan Kath in einer ehemaligen Fabrikhalle in Bochum aus.
Seine Luxusteppiche stellt Jan Kath in einer ehemaligen Fabrikhalle in Bochum aus. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Im Geschäft mit der Modeindustrie habe der Lockdown Spuren hinterlassen. „Wir sehen aber auch, dass unsere Kunden manche Vorhaben, die im vergangenen Jahr nicht möglich waren, jetzt nachholen möchten“, berichtet der Designer. „Wir haben eigene Läden in Berlin, Hamburg, Köln und Stuttgart. Auch in Kanada und in New York haben wir Showrooms. Immer wenn es zum Lockdown kommt, sind wir hier natürlich betroffen.“

„Orientteppich fit für das 21. Jahrhundert machen“

Zu Kaths Markenkern gehört, den alten Orientteppich „fit für das 21. Jahrhundert“ zu machen, wie er sagt. „Unser Ziel ist es, die Teppichknüpfkultur zu vitalisieren.“ Vor zehn Jahren habe er mit der Kollektion „Erased Heritage“ angefangen, einen historischen Weg zu beschreiten. Begonnen habe er damit, Motive aufzugreifen, die aus dem 13., 14. und 15. Jahrhundert stammen. „Diese Stücke haben wir in einen zeitgenössischen Kontext gepackt und mit neuen Mustern überarbeitet. Wir sind jetzt im 16., 17. und 18. Jahrhundert angekommen, in einer Zeit also, in der sich Manufakturen für Orientteppiche auch langsam in Europa etabliert haben.“

Seine neue Kollektion heißt „Savonnerie Surprise“. Die Teppiche, auf denen das Design basiere, seien um das Jahr 1750 herum in einer alten Seifenfabrik in Paris hergestellt worden. „Auf den ersten Blick wirken die Motive sehr süß und barock“, sagt Kath. Viele seiner Kunden seien Ende 40 oder Anfang 50 und vielleicht als Kinder auf alten Orientteppichen aufgewachsen. „Manche werden zwischendurch höchstwahrscheinlich keinen Bock mehr gehabt haben auf die Teppiche, die ihre Eltern oder Großeltern im Haus hatten“, vermutet der Designer. „Aber vom Herzen her verstehen sie die Wertigkeit eines solchen Produkts.“

Seit sechs Jahren hat Kath immer zu Jahresbeginn potenziellen Kunden in Bochum seine neuen Kollektionen präsentiert. „Family Affair“ nennt er das Format. „Das war wie eine kleine Messe, teils mit rauschenden Festen“, erzählt der Designer. „Viele Teilnehmer sind aus dem Ausland angereist. Wir haben Shuttlebusse eingesetzt und Hotels gebucht. Aber das war in diesem Jahr leider nicht möglich. Ich war schon ein bisschen verzweifelt.“

Seine Kollektionen präsentiert Kath potenziellen Kunden in Videokonferenzen

Jan Kath präsentiert seine aktuellen Kollektionen nun bei Videokonferenzen.
Jan Kath präsentiert seine aktuellen Kollektionen nun bei Videokonferenzen. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Sein Bruder David Kath sei dann auf die Idee gekommen, die neuen Kollektionen über den Videokonferenz-Dienstleister Zoom zu präsentieren. „Ich war zunächst sehr skeptisch. Jetzt bin ich extrem überrascht, wie gut es funktioniert“, sagt Jan Kath. „David hat durchgesetzt, dass wir das ganze Equipment anschaffen, spezielle Kameras zum Beispiel. Bei unseren Präsentationen können wir auch Zahlen oder Produktfotos einblenden und individuell auf unsere Kunden eingehen. Wir arbeiten mit Kamerafahrten oder können bei Bedarf Details zeigen. Generell versuchen wir, sehr interaktiv zu agieren.“

Hauptsächlich spreche er mit Händlern, Architekten oder Designern, weniger mit Endkunden, erklärt Kath. „Wir verkaufen nach Asien, in die USA, den Mittleren Osten und nach Europa. Heute hatten wir zum Beispiel eine Präsentation für Kunden aus dem Libanon und Dubai.“ Gekauft hätten allerdings vor allem Kunden, die seine Ware schon kannten. „Es ist schwierig, Neukunden zu gewinnen, die noch nie einen Teppich von uns angefasst haben.“

Die Pandemie habe auch auf die Länder, in denen er produziere, enorme Auswirkungen, berichtet Kath: „Corona gibt es ja auch in Nepal, Thailand, Marokko und Indien. Die Situation dort bereitet mir schon Sorgen.“ In Indien beispielsweise seien Millionen von Menschen von den Städten zurück in ihre Dörfer aufs Land geflüchtet. „Das betrifft auch unsere Industrie.“

„Wir sind ein echtes Familienunternehmen“

Seine Firma „Jan Kath Design“ hat der heute 48-Jährige 1998 gegründet. In Bochum arbeiten 25 Mitarbeiter, in den Produktionen in Nepal, Indien, Thailand und Marokko sind es Unternehmensangaben zufolge rund 2500 Menschen. „Wir sind ein echtes Familienunternehmen. Meine Frau führt unsere Produktion in Thailand“, sagt Kath. „Unsere beiden Söhne fangen gerade an und studieren internationales Management und Produktdesign. Meine Mutter und mein Bruder sind ebenfalls im Team, und meine Nichte macht gerade eine Lehre.“

Im Eingangsbereich seiner Bochumer Halle hat Kath einen fliegenden Teppich installiert. „Ein Mythos, den wir hier zur Realität werden lassen“, wie er sagt. „Was wir hier aufgebaut haben, ist auch ein Test.“ In Kathmandu wolle er Ausstellungsräume für zeitgenössische Kunst und Teppiche bauen. „Dort soll der fliegende Teppich dann drei Mal so groß sein.“