Essen. Urlaubsguru-Gründer Daniel Marx berichtet, wie Corona und Ukraine-Krieg den Reisemarkt prägen. Es wird teurer. „Last Minute“ dürfte gefragt sein.
Der 20. April 2020 sei ein Tag, den er nie vergessen werde. Ein Kündigungsgespräch habe sich an das nächste gereiht, erzählt Daniel Marx, einer der Gründer und Geschäftsführer des Reiseportals Urlaubsguru. Es ist dem 36-jährigen Unternehmer anzumerken, dass es ihm jetzt noch nah geht, auf die schweren Tage in der Corona-Krise zurückzublicken. Plötzlich kam das Geschäft des erfolgsverwöhnten Start-ups aus Holzwickede praktisch zum Erliegen. Ein Schock sei es für ihn gewesen, ins Buchungssystem zu schauen: 350 bis 400 Buchungen seien es üblicherweise am Tag gewesen – und jetzt nur fünf.
Um das Unternehmen zu stabilisieren, habe er Kündigungen ausgesprochen, erklärt Marx. Allein an dem Apriltag vor zwei Jahren sei er in 25 oder 30 Trennungsgesprächen gewesen. Als er nach Hause gegangen sei, habe er Nasenbluten gehabt. „Weil es unmenschlich war“, sagt Marx. Er könnte jetzt noch „losheulen“, wenn er daran denke. Mittlerweile hat sich die Situation des Unternehmens wieder normalisiert, doch mit 85 Beschäftigten fällt die Belegschaft von Urlaubsguru im Vergleich zur Zeit vor Corona weniger als halb so groß aus.
Im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ spricht Daniel Marx offen darüber, wie die Pandemie sein
Unternehmen und auch ihn verändert habe. Er glaube übrigens, dass sich Corona noch nicht erledigt habe. Es sei zu spüren, wie viele Menschen ihr Verhalten verändert hätten und auch beim Reisen weniger risikobereit seien.
Mit dem Krieg in der Ukraine gibt es einen neuen Unsicherheitsfaktor. Preissteigerungen im Alltag – insbesondere für Lebensmittel und Autofahren – werden die finanziellen Möglichkeiten vieler Menschen beschränken. Er gehe davon aus, dass es bei beim Reisen in diesem Jahr auf „ein starkes Last-Minute-Geschäft“ hinauslaufe, urteilt Marx. 100 Tage in die Zukunft zu blicken, falle den Menschen derzeit schwer. Im Juni gehe es dann wohl oft um die Frage: „Wie ist die finanzielle Lage?“ Wenn genug Geld da sei, werde noch spontan ein Urlaub gebucht. Ansonsten laufe es auf einen Besuch im Freizeitpark oder zwei Tage an der Ostsee hinaus.
Bei knappen Finanzen wird der Urlaub zu einer sozialen Frage. Viele Familien hätten unter Jobängsten oder Quarantäne-Phasen gelitten – die Sehnsucht nach Urlaub sei groß, sagt Marx. „Ich fände es wirklich gefährlich, wenn das nicht mehr bezahlbar ist.“ Klar sei jedenfalls: „Es wird teurer.“ Die Fluggesellschaften und Hotelbetreiber dürften versuchen, gestiegene Kosten an die Kunden weiterzureichen. Es gebe zwar noch günstige Reiseziele, die Türkei etwa, doch insbesondere für Ferien in den Niederlanden an der deutschen Nord- und Ostseeküste seien die Preise gestiegen, berichtet Marx.
Wie hart die Corona-Krise das Unternehmen Urlaubsguru getroffen hat, lässt sich auch anhand der Bilanz für das Krisenjahr 2020 ablesen, die im Bundesanzeiger veröffentlicht ist: Der Umsatz schrumpfte rapide
von 13,6 auf 4,4 Millionen Euro. Am Ende stand ein Jahresfehlbetrag von 461.000 Euro. Erstmals mussten Marx und sein Mitgründer Daniel Krahn einen Kredit für den Betrieb in Anspruch nehmen, staatliche Hilfen ebenso.
Das Geschäftsmodell von Urlaubsguru ist, „Reiseschnäppchen“ anzubieten. Dabei tritt das Unternehmen als Vermittler auf und erhält bei einer Buchung eine Provision. Bei möglichen Stornierungen und Umbuchungen gelten die Bedingungen des jeweiligen Reiseanbieters. Zu den Geschäftsbedingungen wolle Urlaubsguru stets „maximale Transparenz schaffen“.
Wann der beste Zeitpunkt ist, um bei einer Reisebuchung einen möglichst niedrigen Preis zu ergattern? „Es gibt Studien, die sagen, dass Donnerstag über den ganzen Schnitt der beste Tag des Jahres ist“, sagt Marx. Pauschalaussagen seien aber nur schwer möglich. Jedenfalls lohne es sich, an unterschiedlichen Tagen zu vergleichen. Er rate auch, „entweder früh oder spät zu buchen, aber nicht sechs oder sieben Wochen vor der Anreise, was viele Menschen tun“. Frühbucher-Reisen oder Last-Minute-Angebote hätten das meiste Spar-Potenzial, am wenigsten das „Mittendrin“.
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