Berlin. Der Mietendeckel ist gescheitert. Überraschend kommt das nicht. Der Bund ist nun in der Pflicht, Mieter stärker als bisher zu schützen.
Der Berliner Mietendeckel ist gescheitert. Das ist auch gut so. Denn neben der Begründung der Karlsruher Verfassungsrichter, wonach ein Bundesland sich nicht über geltendes Bundesrecht hinwegsetzen kann, war der Mietendeckel auch nicht mit Eigentumsrechten in Einklang zu bringen.
Vor allem erzielte er viele negative Nebeneffekte: Die Zahl der angebotenen Wohnungen sank, der ohnehin schon angespannte Kampf um die nächste freie Wohnung verschärfte sich – mit sozialen Folgen.
Berliner Mietendeckel: Vieles war schlicht nicht schlüssig
Wer glaubte, dass es nun auch finanzschwachen Mietern möglich gewesen wäre, leichter an neue Mietverträge zu gelangen, sah sich getäuscht. Stattdessen wurden reihenweise Schattenmietverträge ausgestellt: Darin standen zwei Mietpreise – ein mietendeckelkonformer und einer für den Fall, dass der Mietendeckel gekippt wird. Bei letzterem konnte die Miete auch gern doppelt oder dreimal so hoch sein. Wer eine Wohnung wollte, musste nach wie vor über den passenden Kontoauszug verfügen.
Vieles war auch schlicht nicht schlüssig. Ein Beispiel: Eine nach 2013 gebaute Wohnung fiel nicht unter den Mietendeckel. Eine auf moderne Standards sanierte Wohnung dagegen schon, außer sie war vorher derart unbewohnbar, dass der Aufwand der Errichtung eines Neubaus entsprochen hätte.
Welcher Vermieter würde unter solchen Bedingungen denn noch Wohnungen sanieren? Dabei ist gerade das nötig, beim Klimaschutz hinkt der Gebäudesektor hinterher. Das macht sich seit diesem Jahr im Portemonnaie der Mieter bemerkbar, da künftig auch Wohnungsunternehmen pro verursachte Tonne CO2 25 Euro zahlen müssen – und das auf Mieter umlegen dürfen.
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Der Mietendeckel war ein Hilfeschrei
Der Mietendeckel war keine Lösung. Er war ein Hilfeschrei. Von einer überforderten Landesregierung, die sich angesichts wütender Demonstranten nicht anders zu helfen wusste, als mit der Brechstange ein Symptom zu behandeln, das seinen Ursprung beim Bund hat. Mit seinen Gesetzen, etwa der Mietpreisbremse, schafft der Bund Maßnahmen, die zwar für viele Mieter bundesweit ausreichend sind. Auf spezifische Entwicklungen in besonders teuren Metropolen kann er so aber nicht reagieren.
Auch wenn sich die Bundesregierung ihre Zahlen schönrechnet: IIn dieser Legislaturperiode wurde mehr gebaut als zuvor. Und dennoch ist die Selbstbeweihräucherung, mit der die Regierung ihre Wohnpolitik lobt, schier unerträglich. Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) betont, dass so viele Wohnungen wie seit 20 Jahren nicht mehr gebaut wurden. Man könnte auch sagen: 20 Jahre lang hat die Regierung den Wohnungsbau vernachlässigt – und in diesen 20 Jahren hat immer mindestens eine der derzeitigen Regierungsparteien das Sagen gehabt.
Ein bisschen mehr Demut wäre angebracht. Denn wenn Beschäftigte etwa von Feuerwehr, Polizei oder Krankenhäusern einen Anfahrtsweg von einer Stunde zu ihrem Arbeitsplatz haben, weil sie sich keine Wohnungen in der Nähe mehr leisten können, dann läuft einiges falsch.
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Es braucht ein eigenständiges Bauministerium
Von Menschen, die auf Sozialwohnungen angewiesen sind, ganz zu schweigen. Jedes Jahr verlieren mehr Wohnungen ihre Sozialbindung, als neue gebaut werden. Es war ein Fehler, dass sich der Bund Ende der 1980er-Jahre aus dem gemeinnützigen Wohnungsbau zurückzog, dass er die Zuständigkeit an die Bundesländer übertrug, die angesichts klammer Kassen ebenjene Immobilien verscherbelten, die heute großen Wohnungsbaukonzernen ein ertragreiches Geschäft einbringen.
Jetzt braucht es eine entschlossene Umkehr. Die kommende Regierung muss dem Thema Wohnen endlich die Bedeutung beimessen, die es verdient. Mit einem eigenen Bauministerium, mit deutlich mehr finanziellen Mitteln als bisher. Und auch die Mietpreisbremse gehört nach dem Karlsruher Urteil auf den Prüfstand. Ihre Wirkung war bisher zu gering. Sie gehört nachgebessert.