Essen. Der Eigenanteil der Bewohner an Heimkosten ist in NRW mit fast 2248 Euro so hoch wie nirgends in Deutschland. 37 Prozent brauchen Sozialhilfe.
Pflegeheime in NRW werden zusehens zur Armutsfalle. Denn nirgends in Deutschland müssen die Heimbewohner so viel selbst zahlen wie hier. Das ergab eine Studie des BKK Landesverbands Nordwest, die der WAZ vorliegt. Demnach beträgt der Eigenanteil in NRW durchschnittlich 2248 Euro im Monat – mehr als in jedem anderen Bundesland und doppelt so viel wie in Sachsen (1119 Euro). Bundesweit zahlen die Senioren, ihre Angehörigen oder aber die Sozialämter 1777 Euro im Monat dazu. Diese jüngsten verfügbaren Daten stammen aus 2017.
Pflegekosten steigen doppelt so stark wie die Renten
Weil die Pflegekosten deutlich stärker steigen als die Renten, sind immer mehr Heimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen. In NRW werden inzwischen wieder fast vier von zehn Heimbewohnern durch ihre Kommunen unterstützt, um die Heimrechnung zahlen zu können. „Pflege darf nicht in Armut münden. Doch so weit sind wir schon wieder“, sagt Manuela Anacker, Pflegeexpertin des Sozialverbands VdK. Sie fordert eine Deckelung des Eigenanteils.
Auch die Betriebskrankenkassen sehen die Grenze der Zumutbarkeit erreicht. „Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen müssen begrenzt werden, sonst haben wir bald eine Situation wie vor der Einführung der Pflegeversicherung – immer mehr Menschen, die im Alter zum Sozialfall werden“, sagte Dirk Janssen, Vizechef des BKK-Landesverbands.
Ein Heimplatz kostete in NRW zuletzt durchschnittlich 3680 Euro im Monat, die Pflegeversicherung übernimmt im Schnitt nur 1430 Euro. Unterkunft, Verpflegung und die Investitionskosten des Heims zahlen die Bewohner allein. Sie tragen aber auch einen immer größeren Eigenanteil an den Pflegekosten.
Angehörige sollen geschont werden
Da die Bundesregierung zudem plant, Angehörige nur noch bei Jahreseinkommen ab 100.000 Euro zu beteiligen, fürchten die Kommunen, auf den Mehrkosten sitzen zu bleiben. Diese müssten „vollständig ausgeglichen werden“, fordert Verena Göppert vom Deutschen Städtetag.
Dass die Pflege in NRW teurer ist als anderswo, liegt an den höheren Personalkosten, die 80 Prozent der Ausgaben einer Einrichtung ausmachen. In der Diskussion um schlechte Bezahlung der Pflegekräfte ist das eher ein Pluspunkt. „Wir haben eine Fachkräftequote von 50 Prozent und deshalb auch eine höhere Qualität in der Pflege“, sagt VdK-Expertin Anacker. Aber: „Das darf nicht auf Kosten der Pflegebedürftigen gehen.“