Berlin. Eine anonyme Quelle hat einem Journalisten-Netzwerk einen Datensatz zu geheimen Geschäften in Steueroasen zugespielt. Nach Medienberichten befinden sich auch Hunderte deutsche Fälle in den Unterlagen. Demnach zählt auch der verstorbene Millionenerbe Gunter Sachs zu den prominenten Steuersündern.

Ein anonymer Tippgeber hat ein weltweites System zur Steuervermeidung offengelegt. In Deutschland bekamen die "Süddeutsche Zeitung" und der Norddeutsche Rundfunk (NDR) nach eigenen Angaben Dateien, die belegen, auf welchen geheimen Wegen Reiche und Kriminelle große Vermögen verstecken und zweifelhafte Geschäfte verschleiern. In den Unterlagen fänden sich auch Hunderte deutsche Fälle. Unter den prominenten Steuersündern sei beispielsweise der 2011 verstorbene deutsch-schweizerische Millionenerbe Gunter Sachs.

Der Hinweisgeber hat den Angaben zufolge eine Festplatte mit Daten über Finanzdienstleister vor mehr als einem Jahr dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington zukommen lassen. Die von den Journalisten "Offshore-Leaks-Dokumente" getauften Unterlagen stammten von zwei Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert sind, die eine in Singapur, die andere auf den Britischen Jungferninseln in der Karibik. Zu den Daten im Umfang von 260 Gigabytes zählen Bilder, verschlüsselte Dateien in diversen Formaten und mehr als zwei Millionen Emails von etwa 130.000 Personen und 122.000 Briefkastenfirmen.

86 Journalisten recherchierten mehr als ein Jahr

Um die Datenmenge zu bewältigen, teilten sich 86 Journalisten aus Medien in 46 Ländern die Recherchearbeit an dem Fall auf und arbeiteten mehr als ein Jahr daran. Beteiligt sind unter anderem der britische "Guardian", die französische "Le Monde" und die "Washington Post". In der Schweiz waren nach Angaben der "Sonntagszeitung" 300 Privatpersonen und 70 Gesellschaften betroffen.

Der Industriellenerbe Sachs soll nach Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", des NDR und der Schweizer "Sonntagszeitung" mit Hilfe der Firma International Trust Corporation Limited auf den Cook-Inseln zwischen Hawaii und Neuseeland anonyme Briefkastenfirmen - sogenannte Trusts - gegründet haben, in denen er Teile seines Vermögens versteckte. Die fünf auf der Insel Rarotonga angemeldeten Trusts hat Sachs in seiner letzten Steuererklärung nicht angegeben.

Dessen Nachlassverwalter versicherten laut "Süddeutscher Zeitung", sie hätten zwar nicht die Trusts deklariert, wohl aber das darin enthaltene Vermögen. Die Schweizer Steuerbehörden argumentierten dagegen, wenn die Existenz des Trusts nicht nachgewiesen sei, könnten sie auch nicht prüfen, wie viel Geld in dem Trust liegt. Außerdem soll Sachs Anteile an Firmen auf den Britischen Jungferninseln, der Kanalinsel Jersey und in Luxemburg gehalten haben.

SPD fordert Konsequenzen für die Eurozone

Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß mahnte die OECD, schnell Handlungsempfehlungen im Kampf gegen Steueroasen vorzulegen. "Auch innerhalb der Eurozone gibt es steuerliche Lockangebote, die dieses System erst möglich machen", sagte der SPD-Fraktionsvize. "Es geht nicht nur um entlegene außereuropäische Gegenden wie Panama und die Cayman Islands." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle dafür sorgen, dass das Thema Steueroasen im Ecofin-Rat für Wirtschaft und Finanzen ganz oben auf die Tagesordnung kommt.

Die Linke verlangte eine Quellensteuer von 50 Prozent auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben, die von Deutschland in Staaten fließen, die nicht mit den deutschen Steuerbehörden zusammenarbeiten. "Leistungslose Einkommen aus Vermögen dürfen nicht länger niedriger besteuert werden als Einkommen aus Arbeit", forderte Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht. Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten sollten sofort gekündigt und ihren Banken die Lizenz in Deutschland entzogen werden.

Als Steueroasen werden Territorien oder Staaten bezeichnet, die keine oder nur sehr niedrige Steuern auf das bei ihnen angelegte Geld erheben. Sie finanzieren sich stattdessen mit den Verwaltungsgebühren der Briefkastenfirmen. (dapd)

Lesen Sie auch