Bochum/Berlin. Der Bochumer Konzern Vonovia scheitert mit einer feindlichen Übernahme der Deutschen Wohnen. Der Plan scheiterte offenbar am Preis.
Um kurz nach 12 Uhr am Aschermittwoch ist das Geschäft geplatzt: Der Bochumer Konzern Vonovia muss zugeben, dass er gescheitert ist mit der feindlichen Übernahme des Berliner Konkurrenten Deutsche Wohnen. Die Nummer eins der Branche in Deutschland konnte nicht genug Aktionäre der Nummer zwei überzeugen, ihre Anteilsscheine zu verkaufen.
In Berlin frohlocken sie da bereits. „Wir freuen uns und bedanken uns bei unseren Aktionären, Mitarbeitern und Mietern für die Unterstützung“, sagt Michael Zahn, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Wohnen. Er hat in den vergangenen Wochen immer wieder versucht, die Übernahme zu verhindern. Er sprach von Wertvernichtung und davon, dass er den gebotenen Preis von rund 14 Milliarden Euro für zu niedrig hielt. Es wäre die größte Übernahme auf dem deutschen Wohnungsmarkt überhaupt gewesen.
Zwei Gründe für Scheitern
In Bochum ist die Stimmung eher gedämpft. „Dieses Ergebnis habe ich mir und meiner Mannschaft nicht gewünscht“, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch in einer Telefonkonferenz. Es ist die erste Niederlage für den erfolgsverwöhnten Manager, der das Image des Wohnungsriesen aufpoliert und 2015 den Konkurrenten Gagfah unter sein Dach geholt hat.
Für seine erste große Niederlage nennt Buch, der seit knapp drei Jahren an der Spitze der ehemaligen Deutschen Annington steht, zwei zentrale Gründe: „Wir haben in den letzten Tagen unter dem schwierigen Börsenklima gelitten“, sagt er. In den letzten zwei Wochen fiel der Kurs der Vonovia-Aktie im Zuge der Talfahrt des Deutschen Aktienindex Dax um rund 13 Prozent. Und die Deutsche-Wohnen-Aktionäre wollten eben nicht verkaufen. Bis mittags sind Vonovia nur rund 30,4 Prozent der Anteile angedient worden – 50 Prozent hat der Konzern als Mindestquote genannt.
Finanzchef Stefan Kirsten macht deutlich, dass große Teile der Aktionäre von Deutsche Wohnen auf einen höheren Preis für den Aktientausch gedrängt hätten. „Das hätte es für uns unwirtschaftlich gemacht“, sagt Kirsten. „Berlin wird nicht London oder Paris. Die Mieten dort werden nicht so stark steigen wie erwartet.“ Im Gespräch mit dieser Zeitung konkretisiert Vonovia-Chef Buch: „20 Euro pro Quadratmeter für eine bezahlbare Wohnung wie in London wird man in Berlin niemals erzielen. Dagegen spricht schon die Mietpreisregulierung des Berliner Senats.“ Der Boom auf dem Immobilienmarkt der Hauptstadt ist einer der Beweggründe, warum Vonovia nach Deutsche Wohnen gegriffen hat. Der zweitgrößte deutsche Immobilienkonzern hat in Berlin mit 100.000 der 150.000 Wohnungen seinen Schwerpunkt, während Vonovia dort nur 30.000 seiner 367.000 Wohnungen besitzt.
Mieterorganisationen warnten vor Übernahme
Nach dem geplatzten Übernahmeversuch hält Buch an seinem Ziel fest, nicht nur in Berlin weiter zu wachsen. „Zwei Millionen Wohnungen werden in den nächsten Jahren neue Eigentümer suchen. Daraus werden wir uns die Themen heraussuchen, die uns gefallen“, kündigt der Vonovia-Chef an. In Nordrhein-Westfalen, wo Vonovia die meisten Wohnungen hat, will sich das Unternehmen von Wohnungen trennen. An die Düsseldorfer hat Deutsche-Wohnen-Chef Zahn schlechte Erinnerungen, schließlich erlebte er hier ein Fiasko. Denn anders als die Berliner GSW, die Deutsche Wohnen 2013 schluckte, scheiterte der Versuch, die LEG im Sommer 2015 zu übernehmen. Für Vonovia war das letztlich der Auslöser, den Angriff auf die Deutsche Wohnen zu versuchen.
Die Mieter beider Konzerne können sich jetzt etwas entspannen. Mieterorganisationen haben vor der Übernahme gewarnt, weil sie weitere Mietsteigerungen befürchteten. Schließlich hätte Vonovia die Kosten der Übernahme finanzieren müssen. Der Konzern hat zwar erwartet, wegen geringerer Verwaltungskosten und Vorteilen bei der Instandhaltung der Gebäude Millionen sparen zu können, das hätte aber nicht ausgereicht, so die Sorge der Mietervertreter. „Wir sehen in dem Scheitern der Übernahme Positives, weil der Konzentrationsprozess auf den Wohnungsmärkten zunächst unterbrochen ist“, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Zusätzliche Risiken, wie die lokale Marktmacht, werden vermieden.“ Auch die Aktionäre feiern das Scheitern: Die Kurse von Vonovia und Deutsche Wohnen steigen überdurchschnittlich.
„Nachdem der Deal nicht zustande kommt, sind Vonovia wie auch Deutsche Wohnen gefordert, ihr Geld in Neubau und Verbesserung ihrer Bestandsimmobilien zu stecken“, sagte Andreas Otto, Bau- und Wohnungspolitischer Sprecher der Grünen im Wahlkreis Pankow.