Köln. Traumberuf Pilotin. Die Bewerbungstests waren gut gelaufen. Das bittere Ende: Die Frau war 3,5 Zentimeter zu klein. Sie klagte. Die festgelegte Mindestgröße für die Ausbildung ist diskriminierend, fanden die Richter nun. Gewonnen hat die Frau dennoch nicht.

Die Festlegung der Mindestgröße von 1,65 Meter für
Pilotinnen ist diskriminierend. Das entschied das Arbeitsgericht Köln am
Donnerstag, wies die Entschädigungsklage einer jungen Frau gegen die Lufthansa
aber trotzdem ab. Da die Mindestgröße tarifrechtlich geregelt sei, habe die
Fluggesellschaft als Arbeitgeber nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig
gehandelt, stellten die Richter fest. Eine ausführliche Begründung geben die
Richter erst später in der schriftlichen Entscheidung.

Pilotin, für die junge Frau war das der
Traumberuf, machte ihr Anwalt Dirk Abraham vor dem Prozess deutlich. Seine
Mandantin stand neben ihm: Jeans, klassische Bluse, chicer Blazer - das sehr
jung wirkende Gesicht verschlossen. Aber eine resolute junge Frau. "Ich möchte,
dass ich ernst genommen werde", sagte sie, als Fotografen gegen ihren Willen
Bilder von ihr machten. Wohl mit dieser Entschiedenheit hatte sie alle Tests für
die Pilotenausbildung geschafft - bis auf den letzten: Die körperliche
Tauglichkeit.

Klägerin forderte 135.000 Euro für entgangene Chancen

Ihr fehlten 3,5 Zentimeter zur Zielgröße 1,65 Meter. Sie forderte von
der Lufthansa 135.000 Euro für die entgangenen beruflichen Chancen nach dem
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Frauen seien im Schnitt kleiner als Männer.
Viel mehr Frauen als Männer würden durch die Regelung von der Pilotenausbildung
ausgeschlossen.

Die Klägerin vor Gericht: Für die Ausbildung zur Pilotin war sie drei Zentimeter zu klein.
Die Klägerin vor Gericht: Für die Ausbildung zur Pilotin war sie drei Zentimeter zu klein. © dpa | dpa

Das sah auch der Vorsitzende Richter Nicolai Fabricius in der
Verhandlung so. Der festgelegte "Korridor" von 1,65 bis 1,98 Meter schließe
weitaus mehr Frauen als Männer von der Ausbildung aus: mehr als 40 Prozent der
Frauen über 20 Jahre, aber nur vier Prozent der Männer über 20 Jahre. "Wir
müssen davon ausgehen, dass über die Größenregelung deutlich weniger Frauen zum
Zug kommen, als Männer", sagte Fabricius.

Lufthansa-Tochter Swiss bildet ab 1,60 Meter aus

Zum Vergleich: Bei der Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss würden 1,60
Meter große Menschen ausgebildet. Die Schweizer hätten aber auch andere Schul-
und Passagierflugzeuge, argumentierte die Lufthansa. Und so große
Passagiermaschinen wie die Lufthansa habe die Swiss gar nicht in Betrieb.

Die
Mindestgröße hätten die Tarifparteien in einem Tarifvertrag festgelegt: darunter
die Lufthansa mit ihrer Erfahrung und die Pilotenvereinigung Cockpit mit ihrem
Sachverstand. Ein Pilot müsse körperlich in der Lage sein, ein Flugzeug zu
fliegen. Genauer erklärt wurde das nicht. Es gehe um die Sicherheit der
Fluggäste.

Greift Pauschalisierung in Grundrechte ein?

Aber man müsse doch im Einzelfall prüfen, ob ein Pilot geeignet sei,
meinte der Anwalt der Klägerin. "Wie stark greife ich mit der Pauschalisierung
in die Grundrechte ein?", fragte Dirk Abraham.

Auf einen vom Richter vorgeschlagenen Vergleich wäre die verhinderte
Pilotin eingegangen. Gegen eine Zahlung von 10.000
Euro wäre das Verfahren beendet worden. Das Gericht hätte in dem Fall nicht über
den Vorwurf der Diskriminierung entschieden. Die Lufthansa hatte das aber
abgelehnt: Damit wäre kein Rechtsfrieden geschaffen. (dpa)