Stuttgart. 35 ehemalige Beschäftigte der Drogeriekette Schlecker wollen eine Genossenschaft gründen. Das Ziel: Einige der früheren Ladenlokale in Baden-Württemberg in Eigenregie weiter zu betreiben, und zwar als Mini-Supermärkte. In den nächsten Wochen sollen die ersten fünf Läden öffnen.
Dorfladen statt Drogerie: Etwa 35 ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen wollen einige Läden in einem Genossenschaftsmodell weiterführen. "Wir haben in Baden-Württemberg eine ganze Reihe von Standorten identifiziert, die für eine Fortführung infrage kommen", sagte der ver.di-Landesfachbereichsleiter Handel, Bernhard Franke, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd. Schon in den nächsten Wochen soll es mit den ersten fünf Läden losgehen.
"Es muss relativ schnell gehen, weil sich die Kundenströme ändern können, wenn die Filialen über viele Monate leer stehen", sagte Franke. Zudem sollten die Frauen so schnell wie möglich wieder in Lohn und Brot kommen.
Das Konzept sind Mini-Supermärkte
Infrage kämen zum einen Filialen, die noch unter dem Namen Schlecker einen hohen Umsatz hatten. "Alleine in Baden-Württemberg gibt es über 100 Standorte, die einen Jahresumsatz von über 500.000 Euro gemacht haben", sagte Franke. Die zweite Möglichkeit seien kleinere Standorte, die Dorfladencharakter haben und eine Stellung als Alleinversorger im ländlichen Raum einnehmen sollen.
Am genauen Konzept werde noch gearbeitet. Es gehe aber vom klassischen Drogeriemarktkonzept weg und eher Richtung Mini-Supermärkte. Unterstützung haben sich ver.di und die Frauen dabei von Unternehmensberater Wolfgang Gröll geholt, der auf Dorfläden spezialisiert ist. Den "Stuttgarter Nachrichten" sagte Gröll über seine Vorstellungen vom Angebot, man müsse sich das wie ein menschliches Skelett vorstellen. "Alle Menschen tragen zwar das gleiche Knochengerüst in sich und trotzdem sieht jeder Mensch anders aus." Das heiße, dass jeder Dorfladen Produkte anbieten werde, die vor Ort gebraucht werden und zum Teil aus der Region kommen.
Läden brauchen Ware im Wert von 50.000 Euro
Ver.di, die evangelische Betriebsseelsorge und die Linke unterstützen die Frauen finanziell und übernehmen die Kosten für die Standortanalysen, die alleine jeweils 3.000 Euro kosteten. Ein durchschnittlicher Laden brauche zudem Ware im Wert von 50.000 Euro, sagte Franke.
Unterstützung erhofft er sich auch vom Land. "Wir wollen auf das Wirtschaftsministerium zugehen und um Unterstützung bitten", kündigte er an. Auch einzelne Gemeinden haben schon Hilfe angeboten. "Ich wäre bereit, die Schlecker-Verkäuferinnen für zwei bis drei Jahre bei der Stadt anzustellen", sagte der Bürgermeister von Eppelheim bei Heidelberg, Dieter Mörlein, den "Stuttgarter Nachrichten". Notfalls könne er sich sogar vorstellen, vorerst die Ladenmiete für die ehemalige Schlecker-Filiale im Zentrum von Eppelheim zu übernehmen.
Die Drogeriemarktkette mit einstmals über 8.000 Filialen meldete im Januar Insolvenz an. Ein Investor ließ sich nicht finden. In der Folge verloren deutschlandweit über 27.000 Beschäftigte, überwiegend Frauen, ihren Job. Bei der Bundesagentur für Arbeit haben sich nach Auskunft eines Sprechers bislang knapp 16.000 ehemalige Beschäftigte arbeitslos gemeldet. 4.600 von ihnen seien in einen neuen Job vermittelt worden. (dapd)