Brüssel. Die EU-Kommission hat am Dienstag mehrere Ölkonzerne wegen des Verdachts auf Preismanipulation durchsuchen lassen. Die Unternehmen, darunter Shell, BP und Statoil, könnten zusammengearbeitet haben, um die Preise bei dem Energieinformationsdienst Platts zu verzerren, der diese Angaben veröffentlicht.
Mit Razzien bei mehreren Ölunternehmen in drei Staaten haben die Kartellwächter
der EU-Kommission am Dienstag nach Hinweisen auf eine mögliche Manipulation des
Ölpreises gesucht. Dies teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Es bestehe der
Verdacht, dass Firmen sich abgesprochen haben könnten, um die Feststellung der
Ölpreise durch die sogenannten Preisagenturen zu manipulieren.
Die Razzien fanden in zwei EU-Staaten und in einem Staat des
Europäischen Wirtschaftsraumes - also EU einschließlich Norwegen, Island oder
Liechtenstein - statt. Angaben über die Länder und über die betroffenen
Unternehmen wurden nicht gemacht.
Mineralölkonzerne kündigen an, mit Ermittlern kooperieren zu wollen
Die Mineralölkonzerne Shell und BP
bestätigten in London, bei ihnen werde ermittelt. "Wir kooperieren vollständig
mit den Ermittlungen und können derzeit keine weiteren Erklärungen abgeben",
teilten sie unisono mit.
Die Preisagenturen stellen aufgrund von Angaben der Händler den
aktuellen Preis für Ölprodukte fest. Diese Preisnotierungen gelten als Grundlage
für milliardenschwere Abschlüsse im Handel mit Ölprodukten und Derivaten.
Die EU-Kommission habe die Befürchtung, Firmen könnten sich
abgesprochen haben, um nicht korrekte Preise für "eine Reihe von Öl- und
Biokraftstoffprodukte" an eine Preisagentur weitergegeben zu haben. Außerdem
könnten die Unternehmen andere Firmen davon abgehalten haben, sich an der
Erfassung der gezahlten Preise durch die Preisagentur zu beteiligen. Ein solches
Verhalten sei ein Verstoß gegen das Kartellrecht und ein Missbrauch einer
marktbeherrschenden Stellung.
Erste Ermittlungen zu Wettbewerbswidrigem Verhalten
Selbst kleine Abweichungen könnten eine "riesige Wirkung" auf die
Preise für Rohöl und raffiniertes Öl haben und den Verbraucher daher schädigen.
Die Ermittler der EU-Kommission, die als oberste Kartellbehörde in der
Europäischen Union fungiert, seien bei den Razzien von nationalen
Wettbewerbshütern begleitet worden. Es handele sich um einen ersten Schritt bei
der Ermittlung von wettbewerbswidrigem Verhalten. Die Durchsuchungen bedeuteten
aber nicht, dass die Firmen sich tatsächlich einen Verstoß zuschulde kommen
ließen.
Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer hatte 2011 die
Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (Iosco) damit
beauftragt, die Rolle von Preisagenturen und die starken Ausschläge auf dem
Welt-Ölmarkt zu untersuchen. Die Aufsichtsbehörde hatte unter anderem
vorgeschlagen, eine Verpflichtung zur Meldung aller Geschäftsabschlüsse
einzuführen, die die Preisbemessung beeinflussen könnten. (dpa/rtr)