Berlin/Teltow. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Wannsee-Flugroute des künftigen Berliner Hauptstadtflughafens gekippt. Die Strecke führe zu nah an einem Forschungsreaktor vorbei, erläuterte das Gericht am Mittwoch. Mehrere Grundstücksbesitzer, Anwohner und Kommunen hatten gegen die Planung geklagt.

Neuer Rückschlag für den künftigen Hauptstadtflughafen: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Flugroute über den Wannsee für rechtswidrig erklärt. Sie führe zu nah an einem Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums in Wannsee vorbei, wie das Gericht nach dem ersten Verhandlungstag am Mittwochabend mitteilte. Das Risiko eines Flugunfalls und eines terroristischen Anschlags auf den Luftverkehr sei bei der Festlegung der Flugroute nicht ermittelt worden.

Auf mögliche Fragen zum Fluglärm sei es bei der Entscheidung nicht mehr angekommen, hieß es weiter. Geklagt hatten unter anderem die Stadt Teltow und die Gemeinden Stahnsdorf und Kleinmachnow in Brandenburg sowie die Deutsche Umwelthilfe. Auch ein Mitarbeiter des Helmholtz-Zentrums gehörte zu den Klägern. Beklagt wurde das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Die Behörde hatte alle Routen des neuen Flughafens Ende Januar 2012 festgelegt.

Eine Neuausschreibung von Aufträgen könnte die Eröffnung des
Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg indes weiter verzögern. Für den Umbau
der Gebäudetechnik im Terminal werden aber keine Abbrucharbeiten nötig sein. Das
geht aus Äußerungen von Verantwortlichen des Projekts am Mittwoch im
Bauausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hervor. Die an der
Brandschutzanlage beteiligten Unternehmen Bosch und Siemens sprachen sich von
Fehlern frei. Der Brandenburger Landtag setzte mittlerweile einen
Sonderausschuss zu dem Milliardenprojekt ein.

Müggelsee-Route bleibt umstritten

"Der Festlegung des angegriffenen Flugverfahrens liegt ein Ermittlungsdefizit zugrunde", bemängelte das Gericht in seiner Mitteilung. Eine "fallspezifische Risikoermittlung" wäre notwendige Grundlage einer Abwägung gewesen. "Die Risikobetrachtungen für den Reaktor in Bezug auf den Flugverkehr" seien "veraltet" gewesen und die Beklagte darauf von der Atomaufsichtsbehörde hingewiesen worden. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ das Gericht zu.

Das Verfahren war dem Vorsitzenden Richter zufolge das erste von zahlreichen weiteren gegen den Flugplatz, insbesondere gegen dessen Flugrouten. Neben der Wannsee-Route zwischen Berlin und Potsdam bleibt die Müggelsee-Route über Friedrichshagen umstritten. In beiden Fällen hatten Anwohner und Umweltverbände geklagt. Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht wies allerdings Ende Juli 2012 Klagen zu dem Thema ab. Die Kläger wollten eine Neuauflage des Planfeststellungsverfahrens aus dem Jahr 2004, weil die Planer andere Flugrouten gezeigt hätten als letztlich festgelegt wurden.

Am 10. Januar 2013 wurde mit Blick auf die künftigen Schönefelder Routen bekannt, dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Erwägung zieht. Möglicherweise wurde gegen zwei Richtlinien der Brüsseler Behörde verstoßen. Die Kommission bemängelt vor allem eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung von Routen, die über Natur- und Vogelschutzgebiete verlaufen - vor allem bei der Müggelsee-Route. (dapd/dpa)