Washington. Die Internet-Branche drängt mit Macht ins Autogeschäft. Auch Apple soll im Geheimen an einem Elektrofahrzeug arbeiten. Aber so, wie es den seit Jahren erwarteten Apple-Fernseher immer noch nicht gibt, könnte auch das mögliche iCar am Ende ein Phantom bleiben.

Kommt nach iPhone, iPad und iMac irgendwann auch das iCar? Der Techno-Gigant Apple beschäftigt sich seit Monaten in einem geheim gehaltenen Forschungszentrum in Kalifornien intensiv mit dem Bau eines elektrisch betriebenen Autos. Für das unter dem Namen „Titan“ laufende  Projekt sind um Apple-Manager Steve Zadesky, einst bei Ford aktiv, Hunderte Fachleute für Materialien, Design, Fertigungstechnik, Antrieb und Service von renommierten Herstellern angeheuert worden, berichteten US-Medien am Wochenende. Darunter ist auch der frühere Chef des Entwicklungszentrums von Mercedes-Benz in Kalifornien, Johann Jungwirth.

Laut „Wall Street Journal“ konzentrieren sich die Pläne des Konzerns vorläufig auf das Design eines familientauglichen Mini-Vans. Ein möglicher Zulieferer von Komponenten ist der österreichische Produzent Magna Steyr. Ob Apple am Ende wirklich eine völlig neue Produkt-Kategorie eröffnen wird, ist trotz 180 Milliarden Dollar Barschaft in der Kasse aber noch ungewiss, berichtet das Szene-Magazin TechCrunch. Frühestens in fünf Jahren könnte ein Apple-Auto auf der Straße sein, heißt es bei „Wired“.

Steve Jobs sah Autos als Teil des "mobilen Lebensstils"

Dass der Welt-Konzern sein Portfolio über Musikplayer, Mobiltelefone, tragbare wie stationäre Computer und demnächst Multifunktions-Uhren hinaus ausdehnen will, kommt nicht überraschend. Apple-Manager Millad Drexler sagte bei einer internationalen Konferenz vor einem Jahr, dass Apple-Mitgründer Steve Jobs „lange vom Einstieg in die Produktion eines E-Autos geträumt hat“. Bereits 2007 ventilierte Jobs mit Volkswagen-Boss Martin Winterkorn die Idee eines von Apple und VW gemeinsam produzierten Fahrzeugs. Kurz vor seinem Tod 2011 bekannte Jobs in einem Interview mit der New York Times, dass er - falls ihm nicht so früh die Energie ausgegangen wäre - den Auto-Konzernen in Detroit gerne ein eigenes E-Fahrzeug vor die Nase gesetzt hätte.

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Jobs, so seine Biografen, war überzeugt davon, dass Autos integrale Bestandteile des von Apple gepflegten „mobilen Lebensstils“ sind. Eine Auffassung, die im Top-Management von Apple viele teilen. Eddy Cue, Vize-Chef für Software und Dienstleistungen, sitzt im Aufsichtsrat von Ferrari. Marketing-Chef Phil Schiller und Chef-Designer Jonathan Ive besitzen stattliche Wagenparks. Als der Bottroper Auto-Veredler Brabus vor fünf Jahren ein 750 PS-starkes Mercedes S-Klasse-Sondermodell mit einem iPad als zentraler Bildschirm-Einheit ausrüstete, zeigte sich Schiller „beglückt“.

Apple will wohl Google nicht allein das Feld überlassen

In den USA werden die von Apple bisher weder bestätigten noch dementierten Berichte verschieden gedeutet. Zum einen als Wink an mögliche Investoren, dass bei Apple demnächst wirklich „das nächste große Ding passieren könnte“. Zum anderen seien die von Eingeweihten gezielt gestreuten Details als Kampfansage an den in den USA derzeit führenden E-Auto-Hersteller Tesla zu werten. Der Konzern von Multi-Milliardär Elon Musk verspricht seit Jahren den massentauglichen Durchbruch seiner vergleichsweise teuren Produkte, hadert aber unter anderem mit der Herstellung von leistungsstarken Batterien, die vor dem Wiederaufladen längere Strecken möglich machen. Das vor der Markteinführung stehende „Modell 3“ soll eine Reichweite von knapp 400 Kilometern haben.

Auch wolle Apple mit den Spekulationen über das „iCar“ dokumentieren, dass es dem Konkurrenten Google das innovative Segment der selbstfahrenden Elektro-Autos nicht kampflos überlassen will, so der Wirtschaftsdienst Bloomberg. Auto-Experten an der US-Westküste sehen in dem „Titan“-Projekt den Beleg für einen „substanziellen Beitrag gegen den Klimawandel“. Apple, das gerade dabei ist, drei Milliarden Dollar für den hauseigenen Energiebedarf in Solar-Technik zu investieren, sei überzeugt, dass eine schadstoffarme Autoflotte auf Sicht unverzichtbar ist. Der Auto-Markt in den USA funktioniert zurzeit auch wegen extrem niedriger Benzinpreise noch völlig anders. Nur drei Prozent aller verkauften Autos waren im vergangenen Jahr mit Hybrid- oder Elektro-Motoren ausgestattet. Die Verkaufsschlager waren allesamt spritfressende Pickup-Trucks.