Essen. Immer weniger Bäcker backen Brot und Brötchen noch selbst. Stattdessen kommen in vielen Backstuben Fertigmischungen zum Einsatz, die zweifelhafte Chemikalien enthalten. Eine TV-Reportage des NDR deckt auf, wie Verbraucher mit dreisten Lügen getäuscht werden.
Wer sein Brot beim Bäcker statt im Supermarkt kauft, der erwartet frisch hergestellte Ware. Doch diesen Erwartungen werden längst nicht mehr alle Bäcker gerecht, wie eine Reportage des NDR aufzeigt. Stattdessen setzen auch Bäcker, die sonst gern die Kunst ihres Handwerks loben, auf industrielle Fertigmischungen statt auf eigene Teige.
Die "Handwerks-Lüge" nennen es die Autoren der Reportage: Statt den Teig selbst anzurühren und gären zu lassen, kippen viele Bäcker Fertigmischungen in die Rührschüsseln. Der Vorteil: Das geht schneller und führt zuverlässig zu immer gleichaussehenden Ergebnissen. Der Nachteil: Die Fertigmischung enthält nicht nur die für Brot unerlässlichen Zutaten, sondern auch Emulgatoren, Enzyme, Säureregulatoren und zahlreiche andere Zusatzstoffe, die der Verbraucher nicht erwarten würde. 99 Prozent der Inhaltsstoffe seiner Fertigmischung seien pflanzlicher Natur, lässt sich ein Hersteller zitieren, das letzte Prozent sei "dem Wissensschatz der Natur entlockt". Soll heißen: keine natürlichen, sondern chemische Inhaltsstoffe.
Das hält die Bäcker jedoch nicht davon ab, in Imagefilmen zu betonen, welch hohen Stellenwert das "traditionelle Handwerk" für ihren Berufsstand habe. "Da hat eine Marketingagentur ganze Arbeit geleistet", sagt ein Verbraucherschützer - und warnt: Wie sich die chemischen Zusätze in den Fertigbackmischungen auf unsere Gesundheit auswirken, sei vielfach noch nicht ausreichend untersucht.
Wo Vollkorn draufsteht, ist nicht immer Vollkorn drin
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Nicht nur wegen der geschickten Marketing-Tricks ist es für Verbraucher extrem schwierig, schon vor dem Kauf festzustellen, ob das Brot in der Auslage tatsächlich selbst gebacken ist oder einer Tütenmischung entsprungen ist.
Auch beim Thema "Vollkorn" werden Verbraucher getäuscht und in die Irre geführt: Denn nur Brötchen, deren Mehl zu mindestens 90 Prozent aus vollem Korn gemahlen ist, dürfen als Vollkornbrötchen verkauft werden. Im Test fanden die Autoren der Reportage heraus: In vielen Fällen nehmen es Bäcker mit dieser Angabe nicht so genau. Nur Kunden, die explizit nach den Inhaltsstoffen fragen, erfahren, ob ihnen ein reguläres Vollkornbrötchen verkauft wird. Andere Bäcker tricksen mit dem Namen: Wer ein "Schwarzbrot-Brötchen" kauft, rechnet wohl auch damit, ein Vollkorn-Produkt zu erhalten. Doch das Brötchen enthält viel weniger Vollkorn-Mehl, als für ein offizielles Vollkornbrötchen notwendig wäre.
Dunkle Brötchen sind gesünder?
Experten erläutern: Ein echtes Vollkornbrötchen sei kompakt, habe eine Brot-artige Krume und eine eher graue als dunkle Farbe. Es sei eine unter Konsumenten weit verbreitete, aber falsche Ansicht, dass ein dunkles Brötchen besonders gesund sei. Inzwischen hätten viele Bäcker allerdings darauf reagiert: Sie würden nun bewusst dunkle Brötchen backen etwa mithilfe von Gerstenmalz, weil die Verbraucher es so wollten. (dor)