Essen.. Die Krise des Energiekonzerns RWE sorgt für Belastungen in den Revierstädten. Duisburg und Essen stellen sich auf eine weitere Dividendenkürzung ein.
Die Dividenden des Essener Energiekonzerns RWE waren für zahlreiche Revierstädte viele Jahre lang eine feste Größe. Diese Zeiten sind vorbei. Schon die im vergangenen Jahr ausgezahlte Dividende hatte RWE auf 1 Euro je Aktie halbiert. In diesem Jahr hielt der Konzern die Ausschüttung stabil. Nun stellen sich mehrere Kämmerer bereits auf einen erneuten Einschnitt ein – mit möglichen Konsequenzen für Bürger und Stadtleben.
Essens Finanzchef Lars Martin Klieve hält einen„spürbaren Dividendenrückgang auf 0,50 bis 0,60 Euro“ für realistisch. Auch die Stadt Duisburg erwartet einen „verringerten Dividendenvorschlag“. Der Hochsauerlandkreis, ebenfalls ein wichtiger RWE-Aktionär, passt seine Erwartungshaltung den neuen Gegebenheiten an. Die RWE-Dividende sei zwar „eine wichtige Ertragsquelle“, doch die Finanzierung der Aufgaben des Kreises müsse „auch bei einer reduzierten oder wegfallenden Dividende sichergestellt werden“.
Gut möglich, dass weitere Kommunen neu kalkulieren müssen. Bochums Kämmerer Manfred Busch teilte mit, die Stadt rechne derzeit „mit einer Ausschüttung von 1 Euro pro Aktie“. Hernes Stadtkämmerer Hans Werner Klee erklärte ebenfalls: „Wir haben über alle Jahre mit einer Dividende von 1 Euro geplant.“ Auch die Haushaltsplanungen in Bottrop berücksichtigen aktuell die Ausschüttung einer 1-Euro-Dividende .
Mülheims Kämmerer befürchtet Einschränkungen bei städtischen Leistungen
Die Kommunen halten insgesamt rund 24 Prozent der RWE-Anteile. Gewinnausschüttungen des Konzerns stabilisierten nicht nur die städtischen Bilanzen, sondern dienten vielerorts auch zur Finanzierung des öffentlichen Bus- und Bahnverkehrs. Mülheims Kämmerer Uwe Bonan warnt, sollte die RWE-Dividende unter 1 Euro je Aktie liegen, wären „Einschränkungen im Leistungsportfolio der Stadt“ oder Einnahmesteigerungen erforderlich – durch höhere Steuern zum Beispiel.
Allein der Stadt Essen gehören fast 18 Millionen RWE-Aktien. Eine Halbierung der Dividende auf 50 Cent führe zu einer Ergebnisbelastung von rund neun Millionen Euro, rechnet Kämmerer Klieve vor. Zunächst belaste dies das Jahresergebnis der städtischen Holding EVV. „Wie eine Kompensation etwa im Bereich des daraus mitfinanzierten Nahverkehrs aussehen würde und ob eine solche am Ende praktisch würde, kann noch nicht beurteilt werden.“
Herne sieht durch Energiepolitik „Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt“
Auch in Oberhausen liegt das RWE-Aktienpaket beim kommunalen Betrieb, der sich um den Nahverkehr kümmert. Ob Auswirkungen auf Busse und Bahnen drohen? „Dies wäre erst dann der Fall, wenn geringere Einnahmen aus der RWE-Beteiligung nicht betriebsintern ausgeglichen werden könnten und eine Erhöhung des kommunalen Zuschusses zur Folge hätten“, so Stadtsprecher Rainer Suhr.
Die aktuelle Energiepolitik führt nach Einschätzung von Hernes Kämmerer Klee jedenfalls dazu, dass die „städtischen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt“ werden. Schließlich sei die Stadt Herne nicht nur an RWE, sondern auch an weiteren Betreibern konventioneller Kraftwerke beteiligt.
Der Absturz der RWE-Aktie hinterlässt tiefe Spuren in den städtischen Haushalten. Aktuell ist ein Anteilsschein von RWE rund 14 Euro wert. Vor fünf Jahren notierte die Aktie noch bei mehr als 50 Euro, zur Jahreswende 2007/2008 sogar bei fast 100 Euro.
Millionenschwere Abschreibungen auf Essener RWE-Aktien
Die Stadt Essen, die rund drei Prozent der RWE-Aktien hält, hat bereits Wertkorrekturen in Höhe von mehr als 800 Millionen Euro vorgenommen. Die Folge: Das Eigenkapital der Stadt ist nun negativ. Die Stadt trägt den Stempel, überschuldet zu sein. „In Anbetracht des dramatischen Kursrückgangs der letzten Wochen ist zum Jahresabschluss 2015 ebenfalls mit einer Wertkorrektur zu rechnen, die augenblicklich oberhalb von 200 Millionen Euro liegen würde“, berichtet Klieve. Die Stadt müsste wohl gegensteuern – etwa mit Ausgabenkürzungen.
Die Stadt Dortmund gibt sich hingegen gelassen. Wertminderungen der RWE-Aktien könnten „mit stillen Reserven verrechnet werden“, heißt es hier. „Für den Bereich des ÖPNV oder auch für die städtischen Bäder sind derzeit keine Auswirkungen zu erkennen“, betont Stadtsprecher Michael Meinders mit Blick auf die RWE-Krise. „Eine Beeinträchtigung des öffentlichen Angebots ist in Dortmund nicht zu erwarten.“