Berlin. Hartz IV-Empfänger, die häufiger krank sind, müssen mit schärferen Kontrollen der Jobcenter rechnen. Eine Bestimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA), in Verdachtsfällen den medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten, kann nach Darstellung des Arbeitsministeriums jetzt genutzt werden. BA und die Krankenkassen hätten die Einzelheiten dazu ausgehandelt, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag. Die Jobcenter sollten sparsam mit der Möglichkeit umgehen. Eine Häufung von Krankheitsfällen gebe es nicht.

Hartz-IV-Empfänger, die häufig Jobcenter-Termine oder Vorstellungsgespräche
wegen einer Erkrankung platzen lassen, müssen sich auf schärfere Kontrollen
einstellen. Überführten Blaumachern soll das Arbeitslosengeld gekürzt werden.
Bei einer Häufung von Kurzerkrankungen sind Jobcenter seit dem 1. April
angewiesen, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten. Grundlage
sei eine Vereinbarung zwischen der Bundesagentur, den Kommunen und den
gesetzlichen Krankenkassen, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit
(BA), die einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung" (Montag)
bestätigte.

Zahlen darüber, wie oft wichtige Termine von Arbeitssuchenden wegen
kurzfristiger Erkrankungen platzen, liegen der Bundesagentur nach eigenen
Angaben nicht vor. Dass es solche Fälle gebe, sei aber in den Jobcentern
unstrittig
, sagte die BA-Sprecherin. Die Vermittler hätten schon immer die
Möglichkeit gehabt, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten.
"Mit der Vereinbarung ist nun der Verfahrensablauf, die Kostenfrage und die
Datenübermittlung zwischen den Jobcentern und Krankenkassen klarer
geregelt."

Formblätter machten eine Gesundheitsprüfung zu einem ernstzunehmenden
Kontrollinstrument - von dem sich die BA eine präventive Wirkung erhoffe. "Wir
sagen den Vermittlern ganz klar: Lasst euch nicht von Leuten auf der Nase
herumtanzen, die immer dann krank sind, wenn wir mit ihnen etwas vorhaben",
sagte die Sprecherin.

Erwerbslosenforum kritisiert Kontrollen als "neue Hetzkampagne"

Mit den verschärften Kontrollen reagieren die Jobcenter der
Sprecherin zufolge aber keineswegs auf eine Zunahme von Erkrankungen oder eine
auffällige Häufung fragwürdiger Krankmeldungen unter Hartz-IV-Empfängern. Im
März hätten sich zwar etwa 68.000 Hartz-IV-Bezieher krankgemeldet - der höchste
Krankenstand in dieser Gruppe seit Januar 2012. "Das hängt aber wohl eher damit
zusammen, dass in diesem Frühjahr die Zahl der Erkrankungen in der ganzen
Gesellschaft hoch ist."

Das Erwerbslosenforum Deutschland in Bonn kritisiert die verschärften
Gesundheitskontrollen als "eine neue Hetzkampagne" gegen Bezieher von Hartz IV.
Sie zeigten, wie unsensibel die Bundesagentur mit kranken Menschen umgehe,
erklärte Sprecher Martin Behrsing. Gerade Menschen in Armut seien signifikant
häufiger krank. (dpa/dapd)