Essen/Mülheim. Aldi hat sich ehrgeizige Ziele beim Einsparen von Plastik gesetzt. Warum sich Kunden an Hack im Beutel und Joghurt ohne Deckel gewöhnen müssen.
Die umstrittene Folie um die Schlangengurke ist längst verschwunden. Inzwischen müssen sich die Aldi-Kunden daran gewöhnen, dass das Hackfleisch nicht mehr in der Plastikschale im Kühlregal steht. Das beutelähnliche „Flowpack“ ist ein weiterer Mosaikstein in der Strategie der beiden Discounter aus Mülheim und Essen, umweltschädliche Kunststoffe zu vermeiden.
Aldi Süd und Aldi Nord sind nicht nur dabei, ihre Eigenmarken zu harmonisieren. Kontinuierlich verändert sich auch das Äußere der Produkte. „Verpackungsmission“ nennen die beiden Discounter den langen Weg, auf den sie sich im Jahr 2018 gemacht haben. Ihr Ziel: Bis Ende 2025 wollen sie gegenüber 2015 den Materialeinsatz der Eigenmarken-Verpackungen im Vergleich zum Umsatz um 30 Prozent reduzieren. Überdies sollen Ende 2022 alle Aldi-Eigenmarkenverpackungen wiederverwertbar sein.
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Das erste Etappenziel sieht Anika Roß erreicht: „Seit 2015 konnten wir gemeinsam mit Aldi Süd mehr als 70.000 Tonnen Verpackungsmaterial bei unseren Eigenmarken einsparen“, sagt die Managerin für Nachhaltigkeit bei Aldi Nord im Gespräch mit unserer Redaktion. Die beiden Schwesterunternehmen arbeiten immer enger zusammen. So auch beim Vermeiden von Verpackungsmüll. „Der Joghurt-Deckel ist nicht zwingend notwendig. Deshalb lassen wir ihn weg. Allein mit dieser Maßnahme sparen wir gemeinsam mit Aldi Süd 291 Tonnen Plastik pro Jahr ein“, erklärt Philipp Schöneberg aus dem Nachhaltigkeitsteam.
90 Prozent Eigenmarken bei Aldi
Da Aldi im Vergleich zu Supermärkten vergleichsweise wenige Markenprodukte im Sortiment hat, sieht sich der Discounter beim Vermeiden von Verpackungsmaterial im Vorteil. „Rund 90 Prozent unserer Produkte sind nach wie vor Eigenmarken-Artikel. Hier können wir gezielt Einfluss auf die Verpackungsgestaltung nehmen und gemeinsam mit unseren Lieferanten für jedes Produkt nach der besten Lösung suchen“, meint Roß.
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Doch bei allen Bemühungen, die Klimabilanz der beiden Unternehmen zu verbessern, stößt auch der Marktführer an natürliche Grenzen. „Verpackungen haben immer auch eine Schutzfunktion. Eine nachhaltige Verpackungsgestaltung darf daher nie zu Lasten der Qualität oder der Sicherheit der Produkte gehen. Hier machen wir keine Kompromisse“, betont die Managerin.
Obst liegt in Schalen aus Grasfaser
Empfindliche Früchte wie Johannisbeeren oder Erdbeeren etwa können Einzelhändler nicht lose verkaufen. Aldi, berichtet Anika Roß, habe durch die Umstellung auf Pappschachteln aber immerhin 88,5 Tonnen Kunststoff in diesem Segment eingespart. Biotomaten liegen neuerdings in einer Schachtel, die aus nachwachsender Grasfaser besteht. Effekt: 120 Tonnen weniger Plastik. Auch bei Obst und Gemüse setzt sich Aldi Ziele: Bis zum Jahr 2025 sollen 40 Prozent des Obsts und Gemüses unverpackt in den Laden kommen. Der Rest soll nachhaltigere Behältnisse erhalten – so wie die Äpfel, die inzwischen in Schalen aus Grasfaser liegen.
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Kunden werden im Einzelhandel also mit immer neuen Darreichungsformen konfrontiert. Über Jahrzehnte gab es Hackfleisch bei Aldi in der Plastikschale. Inzwischen hat der Discounter auf das „Flowpack“ umgestellt, das sich in der Branche immer weiter verbreitet, weil der Beutel rund 60 Prozent Kunstsoffeinsatz einspart. In der Filiale und auch an der Hotline muss Aldi nun Fragen beantworten und für Verständnis werben, dass der Beutel dieselbe Funktion erfüllt, aber weniger Plastik verbraucht. „In manchen Fällen erfordert es seitens unserer Kundinnen und Kunden eine Gewöhnung an nachhaltigere Verpackungen und das Verständnis dafür, wieso wir diese Optimierungen vornehmen“, räumt Roß ein. „Das Hackfleisch im Flowpack ist so ein Beispiel. Kommunikation ist hier sehr wichtig.“
Trennhinweise für die Entsorgung
Deshalb gibt Aldi den Verbrauchern Informationen an die Hand, in welche Abfalltonne sie die Umverpackungen zu Hause am Ende werfen sollen. „Als erster Discounter haben wir einen eigenen Trennhinweis auf nahezu alle unsere Eigenmarken-Artikel gedruckt, mit dem wir genau erklären, wie die einzelnen Verpackungskomponenten getrennt werden müssen“, sagt die Managerin. „Unser Ziel ist es, damit das Recycling zu vereinfachen.“
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Denn trotz aller Einsparbemühungen werden große Supermarkt- und Discounterketten weiter mit großen Verpackungsmengen zu tun haben. „Nachfüllstationen sind ein sehr spannendes Thema“, erklärt Roß im Hinblick auf den neuesten Trend im Einzelhandel und macht gleich praktische Einschränkungen: „Sicherheit, Hygiene und Logistik machen das Angebot aber sehr komplex. Für uns als Discounter sind einfache Prozesse das A und O.“
>>> Aldi setzt auf Start-ups
Im Rahmen ihres Tech-Founder-Programms fördern Aldi Nord und Süd Start-ups, ihre Geschäftsideen zur Marktreife zu bringen. Auf diesem Weg kam der Tragerucksack „Ogata“ in die Läden, der Radfahrern baumelnde Einkaufstaschen am Lenker ersparen soll.
Seit Mai bietet Aldi eine wiederverwertbare Shampoo- und Flüssigseife-Flasche an, die das Start-up Cyclic Design entwickelt hat. Entsprechende Körperpflegemittel verkauft der Discounter auch im plastiksparenden Nachfüllbeutel.