Essen. Das Abellio-Netz wird zum 1. Februar neu vergeben. An wen, ist offen. Ob sich auch Abellio selbst bewerben kann, wird rechtlich geprüft.
Das Abellio-Netz wird zum 1. Februarneu vergeben – das haben die VRR-Gremien am Montagnachmittag beschlossen. Der überraschende Clou: Auch Abellio selbst darf sich bewerben. Die Beschäftigten von Abellio, von denen rund 100 vor der Entscheidung vor dem Gebäude protestierten, rechnen nach der Entscheidung mit erheblichen Einschränkungen auf allen Abellio-Linien. „Wer Weihnachten kein frei bekommt, wird sich dann frei nehmen“, so einer der Demonstrierenden. Nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion droht daher mit dem Ausscheiden von Abellio ein Super-Gau im NRW Nahverkehr. Daher hat die Fraktion für Freitag eine Aktuelle Stunde des Landtags beantragt.
Abellio:Wie geht es weiter? Fragen und Antworten
Erik Schulz, Vorsitzender des Verwaltungsrates, warb vor Beginn der Versammlung um die Loyalität der Beschäftigten: „Bei der Entscheidung gibt es zwei wesentliche Prämissen: Zum einen geht es darum, die Verkehre aufrechtzuerhalten. Und zum anderen die Frage, wie wir Ihre Arbeitsplätze sichern können“, so der Oberbürgermeister der am meisten von der Abellio-Pleite betroffenen Stadt Hagen – dort hat das Unternehmen seinen Hauptsitz.
Ob Abellio sich an der Notvergabe beteiligen kann, muss noch geprüft werden
Mit dem Ende von Abellio würde der 1080 Leute umfassenden Belegschaft die Umverteilung auf die Nachfolgeunternehmen drohen, die dann die verschiedenen Strecken betreiben. Zwar können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in aller Regel zu vergleichbaren Konditionen weiterarbeiten, viele aber trauern dem Arbeitgeber Abellio hinterher. Ob Abellio sich überhaupt an der Notvergabe beteiligen kann, muss noch rechtlich geklärt werden.
Hatte VRR-Vorstand Ronald Lünser schon angedeutet, bei dem Betriebsübergang könnte es ruckeln, so meinte Abellio-Betriebsrätin Bärbel Völker-Schneider: „Es wird explodieren.“ Es könne gut sein, dass auf Linien, wo nur Abellio fährt, dann nichts mehr liefe. Das träfe unter anderem die Verbindung von Arnheim über Emmerich bis Wesel und die Strecke Essen-Hagen sowie einige S-Bahnlinien im Ruhrgebiet.
Am Sonntag erst hatte Abellio sein allerletztes Angebot noch ein allerallerletztes Mal nachgebessert – und das auch nur gegenüber der Presse: Man werde notfalls auch als Subunternehmer der neuen Betreiber weiterfahren – nur halt irgendwie weiter wolle man schon fahren, hieß es in einer Mail am Sonntag. Den Gremien des VRR indes lag nur vor, was das Hagener Unternehmen schon am Freitag verkündet hatte: Man wolle sich bei der Notvergabe auch auf seine eigenen Linien bewerben. Was nur deshalb erforderlich ist, weil Abellio eben nicht mehr kann. Klingt ein bisschen nach dem Münchhausen-Trick: Man versinkt gerade im Morast, zieht sich aber am eigenen Schopf namens Notvergabe wieder heraus.
Dass der VRR nun von den Gremien beauftragt wird, diese Offerte rechtlich zu prüfen und erst am 9. Dezember zu entscheiden, welche Unternehmen künftig welche Linien betreiben, ist vermutlich auch der Versuch die 1080 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter bei Laune und im Dienst zu halten.
Denn sie – und die Werkstätten – das ist der eigentliche Unternehmenswert, den auch ein Nachfolgeunternehmen für den Betrieb braucht. Doch genaue Daten über die Mitarbeiter und ihre Jobs haben offenbar nicht einmal die Mitarbeiter selbst, die gestern demonstrierten. Die einfach Frage, wie viele bei Abellio eigentlich die Züge fahren, konnte nur grob geschätzt werden
- Die Abellio Rail GmbH hat 1080 Beschäftigte, Firmensitz ist Hagen. Circa jeder sechste Zugkilometer im Schienen-Personennahverkehr (SPNV) von NRW entfällt auf Abellio. (mit dpa)