Berlin/Essen. .

Der Essener Baukonzern kämpft an vielen Fronten gegen den spanischen ACS-Konzern – in Essen, Bonn und Berlin.

Während die Juristen des spanischen Baukonzerns ACS hinter verschlossenen Türen mit der deutschen Finanzaufsichtsbehörde verhandelten, wählte Hochtief-Gesamtbetriebsratschef Siegfried Müller noch einmal die offene Bühne. Schon vor einem Monat hatte er gemeinsam mit etwa 2000 Beschäftigten des Essener Baukonzerns im Berliner Re­gierungsviertel demonstriert. Diesmal reiste Müller allein nach Berlin.

Es sollte eigentlich ein größerer Auftritt für den Betriebsratschef werden. Doch dann kamen das Ende von Schwarz-Grün in Hamburg und die Wikileaks-Enthüllungen da­zwischen. Und so konnte Müller nur in kleinerem Kreise berichten, was er im Übernahmekampf gegen den spanischen Baukonzern ACS vom Wirken der Bundesregierung hält: nämlich nichts.

„Die Regierung lässt uns völlig im Stich“, beschwerte sich Müller. Allem voran vermisst er die Rückendeckung von der NRW-CDU. Weder mit Landeschef Norbert Röttgen noch Ex-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann habe es bislang ein Gespräch wegen der Übernahme gegeben, klagte Müller. „Ich möchte einmal von Herrn Röttgen und Herrn Laumann hören, ob sie unsere Zukunft nicht interessiert.“

Aus Sicht des Betriebsrats sollte sich die NRW-CDU auf Bundesebene für ein strengeres Übernahmegesetz stark machen, um Unternehmen wie Hochtief vor Angriffen zu schützen. „Wir wollen lediglich in Europa dieselben Be­dingungen“, sagte Müller mit Blick auf andere Länder, in denen strengere Übernahmeregelungen gelten. Der Be­triebsratschef befürchtet, dass Hochtief zerschlagen wird, wenn der hoch verschuldete ACS-Konzern zum Zuge kommt.

Veto nicht letztes Wort

Am Essener Stammsitz von Hochtief warteten Belegschaft und Management derweil ge­spannt auf eine Entscheidung der Bonner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – kurz Bafin. Die Frist der Behörde zur Prüfung des Übernahmeangebots von ACS lief am Montag gegen Mitternacht ab. Tags zuvor hatten Spekulationen die Runde gemacht, die ACS-Pläne drohten an einem Veto der Finanzaufsicht zu scheitern. Die Behörde fungiert als eine Art Schiedsrichter bei Firmenübernahmen.

Seit Wochen versucht Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter, eine Übernahme durch den spanischen Großaktionär abzuwehren. Bislang schien es, als sei ACS auf dem besten Wege, die eigenen Ziele zu erreichen. Der von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez geführte Infrastrukturkonzern hält bereits etwas weniger als 30 Prozent der Hochtief-Anteile. Selbst der Zukauf von einigen wenigen Papieren würde also ausreichen, um die 30-Prozent-Schwelle knapp zu überspringen. Danach könnten die Spanier nach und nach ihre Anteile an Hochtief aufstocken, ohne dass sie durch die deutschen Übernahmegesetze zu einem teureren Pflichtangebot für die Aktionäre gezwungen würden.

Ein Veto der Bafin käme einem herben Rückschlag für ACS gleich. Es würde die Hochtief-Übernahme zwar nicht unmöglich machen, aber spürbar verteuern. Wenn ACS nicht den Rückzug antreten würde, müsste der Konzern bei Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle dann ein Pflichtangebot abgeben. Dieses müsste sich am Durchschnittskurs der Hochtief-Aktien in den vergangenen drei Monaten orientieren. Nach Angaben von Analysten der DZ-Bank läge dieser bei 60,64 Euro und damit deutlich über dem, was ACS bislang bietet.

Hochtief könnte außerdem Zeit gewinnen, um sich besser gegen die Übernahmepläne von ACS zu wappnen und vielleicht doch noch einen „weißen Ritter“ zu finden, sagt Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Für die Beschäftigten indes würde die Zitterpartie weitergehen.