Wie öffentliche Auftraggeber Unternehmen in die Bredouille bringen
Eigentlichh ist es ja selbstverständlich: Wenn ich etwas bestelle, dann bezahle ich es auch. Wenn mir Service oder Produkt – zum Beispiel im Restaurant – besonders gut gefallen, spendiere ich vielleicht sogar Trinkgeld. All dies zählt offenbar nicht, wenn es sich um öffentliche Auftraggeber handelt. Die mangelnde Zahlungsmoral beklagen viele Unternehmer aus dem Mittelstand.
Rolf Mützelburg von der Stahlbaufirma A.I.S. GmbH in Willich kennt das Problem bestens: „Die Zahlungsmoral war immer schon mäßig, bei öffentlichen Auftraggebern wird es aber gerade zurzeit immer schwieriger, sein Geld zu bekommen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter; 1995 hat er seine Firma gegründet, die u.a. im Behälter- und Apparatebau erfolgreich ist. Wie bedrohlich das Problem sein kann, verdeutlicht eine Zahl: „80 Prozent unserer Aufträge erhalten wir von Bund, Land oder Kommunen“, sagt Mützelburg und weiß sich damit nicht allein. Mehrere Hunderttausend Euro nicht bezahlter Rechnungen stehen bei ihm in den Büchern – eine Rechnung liegt bereits seit fast einem Jahr auf Eis. Was passiert, wenn der Auftraggeber nicht zahlt? Zunächst frage man vorsichtig nach, nehme immer wieder Kontakt auf, um eine zeitnahe Bezahlung zu erreichen, so Mützelburg. Oft scheitere man aber an der Bürokratie und einer regelrechten Blockadehaltung. „An der Tagesordnung ist es, wenn nach Erhalt der 1. Mahnung, also bereits nach Fälligkeit der Teil- bzw. Schlussrechnung, Gründe konstruiert werden, warum die Rechnung angeblich nicht prüfbar ist bzw. angeblich zur Prüfung erforderliche Unterlagen nicht eingereicht wurden. Mit dieser gängigen Praxis verlängert der Auftraggeber das Zahlungsziel noch einmal um 3-4 Wochen. Dahinter steckt Methode“, mutmaßt Mützelburg. In einigen Fällen käme man um eine gerichtliche Auseinandersetzung leider nicht herum. „Eine rasche Bezahlung des Geldes, das ja für die Gehälter und weitere Investitionen notwendig ist, haben wir damit aber immer noch nicht erreicht“, sagt Mützelburg und sieht sich in einer Zwickmühle.
Die Folgen für das Unternehmen sind teuer: „Wir werden – wie andere mittelständische Unternehmen auch –, gezwungen, zusätzliche Darlehen aufzunehmen. Das verursacht natürlich Mehrkosten, die niemand übernimmt und die vor allem überhaupt nicht notwendig wären“, echauffiert sich der Unternehmer. Verschärfend wirke, so Mützelburg, dass auf Grund der restriktiven Politik der Banken zusätzliche Darlehen immer schwerer zu erhalten seien.
Mützelburg appelliert an die „soziale Fürsorgepflicht gerade der öffentlichen Auftraggeber“, weiß aber aus Erfahrung, dass dieser Hinweis bei vielen Beamten ungehört verhallt. Ausdrücklich weist er darauf hin, dass all dies wahrlich nicht für alle öffentlichen Auftragnehmer zutreffe. Deshalb geht ihm eine Idee nicht aus dem Kopf, die den Missstand vielleicht beseitigen könne. „Wie wäre es“, sinniert er, „wenn man die schlechte Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber übers Internet publik machen würde – vielleicht so ähnlich wie unter www.spickmich.de die Leistungen von Lehrern beurteilt werden – ist aber im Moment nur eine Idee.“
Mit privaten Kunden gäbe es übrigens derartige Probleme, die ein Unternehmen auch schon mal an den Rand des Ruins drängen können, nicht. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Zahlungsmoral Ihrer Auftraggeber gemacht – schreiben Sie einen Kommentar auf www.wirtschaftvorort.de oder direkt an wirtschaftvorort@waz.de.