Essen. .

In der Schlacht gegen den spanischen Konkurrenten ACS setzt Deutschlands größter Baukonzern Hochtief auf Mitarbeiterproteste.

Angel Garcia Altozano kann noch so sehr betonen, mit freundlichen Absichten nach Essen gereist zu sein. Dem Manager des spanischen Baukonzerns ACS schlägt an diesem Morgen in der Essener Konzernzentrale blanke Ab­lehnung entgegen. Einige hundert Hochtief-Beschäftigte ha­ben sich versammelt, um Altozano mit dem gellenden Lärm von Trillerpfeifen und wütenden Pfui-Rufen zu begrüßen. Dutzende Mitarbeiter – einige im Blaumann, andere im Anzug – recken Schilder mit dem Schriftzug „ACS? Nein!“ in die Höhe. Auf Plakaten steht: „Wir lassen uns nicht ausplündern.“

Kurz vor der Ankunft des spanischen Managers hat Hochtief-Gesamtbetriebsratschef Siegfried Müller seine Kollegen dazu aufgefordert, ein „Spießrutenlaufen“ zu veranstalten. Entsprechend aufgeheizt ist die Atmosphäre vor einer Sitzung des Aufsichtsrates, bei der Altozano die ACS-Übernahmepläne präsentieren wollte. Von Sicherheitsleuten eskortiert bahnt sich der Manager den Weg in den Sitzungssaal.

Kampf hinter den Kulissen

Bislang fand der Kampf um Deutschlands größten Baukonzern vor allem hinter den Kulissen statt. So feilt der Hochtief-Vorstand um Konzernchef Herbert Lütkestratkötter seit Tagen an einer Verteidigungsstrategie gegen die drohende Übernahme. Seit Montag nun wird die Schlacht auch auf offener Bühne ausgetragen. Die Botschaft der Ma­nager und Mitarbeiter von Hochtief war eindeutig: ACS ist nicht willkommen.

Allerdings ist Management und Belegschaft auch klar, dass eine Übernahme nur schwer zu verhindern ist. Ge­fragt danach, wie er die Ab­wehrchancen einschätze, sagt Betriebsratschef Müller: „Schlecht.“ Er sei nicht so naiv zu glauben, die Aktienkäufe abwenden zu können. Aber er wolle kämpfen. „Aufgeben ist immer der falsche Weg.“

Betriebsratschef wirft ACS falsches Spiel vor

Müller trägt ein helles Sakko, eine Krawatte mit der blauen Farbe von Hochtief, und er hat sich auch einen Schutzhelm aufgesetzt, wie man ihn auf der Baustelle trägt. Der 57-jährige Betriebsratschef – ein Mann aus Duisburg – wirft ACS ein falsches Spiel vor. Es sei unglaubwürdig, wenn der spanische Baukonzern be­haupte, nichts bei Hochtief verändern zu wollen, dafür aber „eine Milliarde Euro“ in die Hand nehme. Hochtief müsse selbstständig bleiben, ruft Müller der Belegschaft durch ein Megafon zu. „Wir brauchen den Spanier nicht.“

Viele langjährige Beschäftigte sind gekommen, die sich nun Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen. Andrea Hernaut ist eine von ihnen. „Ich habe das Gefühl, ACS will sich auf unsere Kosten sanieren“, sagt die 47-Jährige Essenerin, die seit 27 Jahren im Rechnungswesen bei Hochtief arbeitet. Der ACS-Konzern, hinter dem auch Real-Madrid-Präsident Florentino Perez steht, habe auch schon andere Firmen „filetiert und ausgeplündert“, erklärt sie. Ihr Kollege Ulrich Harting sagt: „Wir werden darum kämpfen, dass unsere Arbeitsplätze weiter be­stehen.“

Hochtief hofft auf Hilfe der Politik

Vorstand und Belegschaft von Hochtief hoffen bei ihrem Abwehrkampf auf Rückendeckung durch die Politik. Bilder besorgter Beschäftigter sollen Bundes- und Landesregierung alarmieren. „Wir befürchten einen massiven Arbeitsplatzabbau“, warnt Betriebsratschef Müller. Immerhin 11 000 Beschäftigte zählt Hochtief in Deutschland, 68 000 Mitarbeiter sind es weltweit. Müller sagt, er wolle sich an Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wenden, die sich auch für die Karstadt-Rettung eingesetzt habe.

In einer kurzen Pause während der Aufsichtsratssitzung meldet sich auch Hochtief-Chef Lütkestratkötter zu Wort. „Die Belegschaft macht sich natürlich große Sorgen, und ich nehme diese Sorgen sehr ernst“, sagt er. Während er spricht, haben die spanischen Manager das Hochtief-Gebäude längst durch einen Hinterausgang verlassen.