Frankfurt/New York.
Die Anleger trauen der Konjunkturerholung nicht. Sie ziehen sich nach schlechten Meldungen aus den USA von den Aktienmärkten zurück. Der Dax rutschte unter 6000 Punkte. Auch die US-Börsen gerieten unter Druck.
Angesichts anhaltend negativer Wirtschaftsdaten aus den USA haben Anleger am Dienstag den Rückzug vom Aktienmarkt angetreten. Der Dax fiel unter die psychologisch wichtige Marke von 6000 Zählern und schloss 1,3 Prozent niedriger bei 5935 Punkten - dem tiefsten Stand seit sieben Wochen. Belastend wirkten enttäuschende Daten vom US-Immobilienmarkt sowie Angaben der Notenbank von Richmond über eine schwächere Dynamik in der Industrie im August.
Die schwächeren Eigenheim-Verkäufe in den USA zeigten, dass die Sorgen um die Erholung der Konjunktur andauern. Händler sagten, die Anleger zögen sich aus riskanteren Anlagen wie Aktien zurück und suchten Zuflucht am Rentenmarkt.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor am Abend ein Prozent auf 10.075 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500 fiel um 1,1 Prozent auf 1055 Zähler zu. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gab 1,3 Prozent nach auf 2132 Punkte.
Mehr Börsendaten auf Money-Special
Besonders unter Druck gerieten die Papiere von Unternehmen aus der Baubranche, nachdem der irische Baustoffkonzern CRH seine Gewinnziele nach unten geschraubt hatte. Die Aktien des deutschen Konkurrenten HeidelbergCement stürzten daraufhin um fünf Prozent ab und waren damit größter Verlierer im Dax. Einige Börsianer werteten den Ausblick von CRH als schlechtes Zeichen für die gesamte Konjunktur - schließlich gilt die Baubranche als Frühindikator für die Entwicklung der Wirtschaft. Deshalb standen Aktien aus den meisten Branchen auf den Verkaufszetteln.
„Die Konjunktursorgen gehen inzwischen weit über die USA hinaus“, sagte LBBW-Aktienstratege Steffen Neumann. „Man schaut bang nach China. Japan droht wieder abzurutschen, und immer mehr setzt sich die Meinung durch, dass Deutschland längerfristig keine Insel der Glückseligkeit sein wird.“ Diese Einstellung werde auch der am Mittwoch anstehende Ifo-Index untermauern, prognostizierte Neumann.
Die Aussicht auf eine Abschwächung der Weltwirtschaft verstärkte die Flucht aus dem Aktienmarkt in die als sicherer Hafen geltenden Bundesanleihen. Der Bund-Future stieg um bis zu 150 Ticks auf ein Rekordhoch von 134,26 Zählern.
Konjunkturanfällige Werte unter Druck
Die Aktien des Baustoffkonzerns CRH brachen an der Börse in Dublin um 16,6 Prozent auf 11,70 Euro ein. In Paris gingen die Aktien des Zementkonzerns Lafarge auf Talfahrt: Zusätzlich belastet von einem Herabstufung der Bank of America/Merrill Lynch, verloren die Titel 4,4 Prozent. Holcim sanken in Zürich um 1,3 Prozent. In Frankfurt gaben neben HeidelbergCement auch die Nebenwerteindex MDax notierten Anteilsscheine von Hochtief und Bilfinger Berger nach. Sie verloren 3,4 Prozent beziehungsweise 1,9 Prozent.
Nur einige wenige Aktien von Unternehmen, die sich meist von der Konjunktur abkoppeln können, waren gefragt. Im Dax legten die Anteilsscheine des Gesundheitskonzerns Fresenius Medical Care 0,4 Prozent zu. Beiersdorf-Aktien gewannen sogar 0,7 Prozent.
Im MDax standen die Titel des Motorenbauers Tognum mit einem Minus von bis zu 6,8 Prozent zeitweise ganz oben auf der Verliererliste und schlossen 3,2 Prozent im Minus. Die Papiere von Hamburger Hafen verbilligten sich um 3,8 Prozent. Werte wie diese seien besonders konjunkturanfällig und stünden deshalb unter Druck, sagte ein Händler.
Für die Aktien von Sky Deutschland ging es um 3,9 Prozent bergab, nachdem sie am Vortag kräftig zugelegt hatten. Der chronisch defizitäre Bezahlfernsehsender hofft durch eine Zusammenarbeit mit Kabelnetzbetreibern auf eine Trendwende in seinem Geschäft. „Nach dieser guten Nachricht zum Wochenanfang schauen sich die Anleger heute wieder mehr das Geschäftsmodell sowie die Abonnenten-Zahlen von Sky an - und dann ist die Euphorie auch wieder ganz schnell weg“, sagte ein Händler. (rtr)