Berlin. .
Die deutsche Wirtschaft kommt immer besser in Schwung: Das Bundeswirtschaftsministerium geht für das Jahr 2010 von drei Prozent Wachstum aus. Arbeitgeberpräsident Hundt erwartet im Herbst weniger als drei Millionen Arbeitslose.
Angesichts der guten Konjunktur erwartet das Bundeswirtschaftsministerium in diesem Jahr ein deutlich höheres Wachstum als bisher. Nach übereinstimmenden Berichten von „Spiegel“ und „Welt am Sonntag“ rechnen die Konjunkturexperten von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nun mit mindestens drei Prozent Wachstum. Bislang geht die Bundesregierung offiziell von einem Wachstum von 1,4 Prozent für 2010 aus, Brüderle hatte aber bereits erkennen lassen, dass er ein Plus von mehr als zwei Prozent in diesem Jahr durchaus für möglich hält.
Robuster Aufschwung
Der Aufschwung zeige sich sehr robust, weil er nicht allein auf den traditionell starken Ausfuhren beruhe, berichtete der „Spiegel“ mit Berufung auf das Wirtschaftsministerium. Auch die Investitionen der Unternehmen und der Konsum der Bevölkerung zögen an und trügen erheblich zum Wachstumsplus bei. Diese Entwicklung mache Deutschland auch unabhängiger von konjunkturellen Rückschlägen im Ausland. „Selbst wenn die Konjunktur in den kommenden drei Monaten stagnieren würde, das Wachstum also bei Null läge, dürften wir am Jahresende auf drei Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt kommen“, zitierte die „Welt am Sonntag“ aus Regierungskreisen. Allerdings geht derzeit kein Experte von einem Nullwachstum aus.
Am Freitag hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal mit 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Quartal so stark zulegte wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Offiziell legt die Bundesregierung ihre neue Wachstumsprognose turnusgemäß im Oktober vor.
Hundt erwartet im Herbst weniger als drei Millionen Arbeitslose
Aufgrund der verbesserten wirtschaftlichen Lage in Deutschland rechnet Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt im Herbst mit weniger als drei Millionen Arbeitslosen. „Wir erleben einen überraschend starken Aufschwung, es boomt in vielen Branchen“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ vom Samstag. Die Arbeitslosenquote lag zuletzt im Juli bei 3,19 Millionen. Hundt hält nach eigenen Angaben in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent für möglich. Die Bundesregierung geht bislang offiziell von einem Wachstum von 1,4 Prozent für 2010 aus, hält aber ein Plus von mehr als zwei Prozent in diesem Jahr durchaus für möglich.
Forderungen nach Lohnerhöhungen wies Hundt gleichwohl zurück. „Ich warne vor einer Diskussion über Lohnerhöhungen zur Unzeit“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Im Moment müsse alles verhindert werden, was den Aufschwung bremse. Es dürften keine zusätzlichen Kosten auf die Unternehmen zukommen, „weder durch höhere Steuern und Abgaben noch durch unangemessene Lohnerhöhungen“.
Deutscher Außenhandel erwartet anhaltenden Export-Boom
Die deutschen Ausfuhren dürften nach Angaben des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) im laufenden Jahr stärker zulegen als bislang erwartet. Angesichts „der Auftragslage und des statistischen Basiseffekts“ sehe es derzeit danach aus, dass die Exporte 2010 „deutlich über zehn Prozent“ steigen dürften, sagte BGA-Präsident Anton Börner der Wirtschaftszeitung „Euro am Sonntag“ laut Vorabbericht. Bislang war der Außenhandelsverband von einem Exportzuwachs von „bis zu zehn Prozent“ ausgegangen.
Man wolle die Prognose nicht zu oft ändern, doch vor dem Hintergrund des „fulminanten ersten Halbjahres“ sei eine Anhebung des Ausblicks bei der nächsten Aktualisierung im Oktober „gut möglich“, sagte der BGA-Präsident.
Nach den am Montag veröffentlichten Zahlen haben die deutschen Ausfuhren allein im Juni um 28,5 Prozent auf 86,5 Milliarden Euro zugelegt. Im ersten Halbjahr lag das Plus bei 18 Prozent. Wachstumstreiber waren vor allem die Schwellenländer, allen voran China. Sollte der Boom anhalten, könnten die deutschen Ausfuhren bereits im Lauf des kommenden Jahres „wieder den Vorkrisenstand erreichen“. Die deutsche Exportwirtschaft hatte 2008 ihr bislang bestes Jahr erlebt.
Bund, Länder und Gemeinden können angesichts des starken Wirtschaftswachstums mit deutlich höheren Steuereinnahmen im laufenden und im kommenden Jahr rechnen. „Die Steuereinnahmen werden im laufenden Jahr mindestens um elf Milliarden Euro über dem liegen, was die Steuerschätzer bisher erwartet hatten“, sagte Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Für 2011 erwarte ich sogar 15 Milliarden mehr, wenn die Regierung das Sparpaket unverändert lässt“, sagte Boss. Der Arbeitskreis Steuerschätzung hatte im Mai für den Gesamtstaat 510 Milliarden Euro an Steuereinnahmen im laufenden Jahr prognostiziert. Für 2011 hatte er 515 Milliarden Euro prognostiziert.