Hagen. .
Anke Giesen (46) sitzt beim Hagener Parfümerie- und Handelskonzern Douglas seit November im Vorstand. Frauen-Förderung ist ihr wichtig. Kein Wunder: 90 Prozent der Beschäftigten sind weiblich.
Sind Sie selbst in Ihrer Karriere gefördert worden?
Anke Giesen: Ich hatte immer – männliche – Vorgesetzte, die mich gefördert und mir einen Rahmen für meine Arbeit gegeben haben. Der Raum für persönliche Entfaltung ist mir wichtig, und den habe ich bekommen. Ich habe mir nie vorgenommen, Karriere zu machen. Zwar gehe ich Aufgaben immer zielstrebig und mit viel Engagement an, aber nicht vorrangig, weil ich Karriere machen will, sondern weil ich Freude daran habe.
Sie sind in Hagen aufgewachsen, haben Jura in Bonn studiert und während des Studiums Auslandserfahrung in Frankreich und Südafrika gesammelt. Wie sah denn Ihr persönlicher Karriereweg bis in den Vorstand der Douglas-Gruppe aus, der die Douglas-Parfümerien, die Thalia-Buchhandlungen, die Hussel-Süßwarenläden, die Modehäuser AppelrathCüpper und der Schmuckhändler Christ gehören - und die europaweit 24.000 Menschen beschäftigt?
Giesen: Nach dem Studium habe ich 1992 im Personalbereich als Referentin beim Maschinenbauer Mannesmann Dematic in Wetter angefangen und dort die Personalarbeit von der Pike auf gelernt. 2001 bin ich nach Neumarkt in die Oberpfalz zum Holzwerkstoff- und Laminat-Hersteller Pfleiderer gewechselt, wo ich ebenfalls im Personalbereich tätig war und den Bereich Obere Führungskräfte aufgebaut habe. Dabei ging es unter anderem um die Einstellung von Führungskräften und deren Weiterentwicklung. Später habe ich dann die Gesamtverantwortung für die Personalarbeit im Konzern übernommen und auch viel Auslandserfahrung gesammelt, da Pfleiderer ein international tätiges MDAX-Unternehmen ist. Seit November letzten Jahres bin ich nun bei der Douglas Holding. Als Hagenerin kenne ich Douglas natürlich von frühester Jugend an und das Unternehmen hat mich wegen seiner Produkte schon immer fasziniert. Das Angebot, Personalverantwortung und zusätzlich den Rechtsbereich auf Vorstandsebene wahrnehmen zu können, war natürlich reizvoll. Und auch Douglas ist wie Pfleiderer im MDAX notiert, dem Börsenindex für die 50 größten Mittelwerte in Deutschland.
Wie war Ihr Einstieg bei Douglas?
Giesen: Ich habe mich sehr schnell wohlgefühlt. Die Douglas-Gruppe ist nicht nur sehr kundenorientiert, sondern auch sehr mitarbeiterorientiert; sich gegenseitig zuhören und respektieren ist wichtig. Das Unternehmensmotto „Handel mit Herz und Verstand“ wird gelebt. In der Industrie ist die Unternehmenskultur doch eher durch starke Zahlenorientierung geprägt. Mein Einstieg begann übrigens nicht in der Hauptverwaltung. Die ersten vier Wochen war ich in allen Sparten im Vertrieb tätig und habe persönlich erfahren, was in einer Filiale zu tun ist. Das war eine einzigartige und tolle Möglichkeit, den Handel hautnah zu erleben – und wichtig, um die Mitarbeiter kennenzulernen und ihre Arbeit zu verstehen.
Bei dem Hagener Konzern sind ja etwa 90 Prozent der Beschäftigten Frauen. Was haben Sie sich bei der Frauenförderung vorgenommen?
Giesen: Beruf und Familie müssen vereinbar sein – das gilt natürlich auch für unsere männlichen Beschäftigten. Wir haben hier am Verwaltungsstandort in Hagen seit August vorigen Jahres einen Betriebskindergarten, den die Mitarbeiter für ihre Kinder sehr gerne und zunehmend in Anspruch nehmen. Zudem haben wir für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Eltern-Hotline eingerichtet. Über sie können werdende oder frischgebackene Eltern alles über Mutterschutz, Elternzeit und Betreuungsangebote für ihr Kind erfahren und Ansprechpartner vermittelt bekommen. Beim Thema Frauenförderung ist Douglas aber schon seit längerem gut aufgestellt. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen ist deutlich höher als in anderen Unternehmen – eine Frauenquote brauchen wir also nicht. Wir haben extrem flexible Arbeitszeitmodelle, von den Filialen bis zur Geschäftsleitungsebene. Und Teilzeit oder auch räumlich flexibel können bei uns auch Führungskräfte arbeiten. Das wird natürlich durch die neuen technischen Möglichkeiten wie Laptops oder internetfähige Handys erleichtert.
Also muss eine Führungskraft nicht ständig persönlich anwesend sein?
Giesen: Nein. Ich bin auch nicht immer persönlich erreichbar, wenn ich zum Beispiel in Filialen mit Mitarbeitern spreche oder im Flugzeug sitze. Wichtig ist die richtige Organisation, zu der in der Douglas-Gruppe auch gehört, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so viel Entscheidungsfreiheit wie möglich zu geben. Nicht Präsenz ist wichtig, sondern Effizienz.
Worauf kommt es an, um Frauen in Führungspositionen zu bringen?
Giesen: Ganz wichtig ist die Unternehmenskultur: Überall da, wo man Frauen Chancen gibt, werden Frauen auch in Führungspositionen gelangen. Die Douglas-Gruppe ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Wichtig ist die Unterstützung. Frauen nehmen sich oft mehr zurück als Männer, das hängt bislang auch noch mit der Erziehung in unserem Kulturkreis zusammen. Und: Als Frau muss man nicht zwingend Karriere machen. Viele wählen die „andere Option“, nämlich Hausfrau und Mutter zu werden. Aber wenn sich Frauen für Beruf und Familie entscheiden, dann muss es auch Karrieremöglichkeiten geben. Deshalb liegt mir generell die berufliche Förderung junger Nachwuchstalente am Herzen. Frauen brauchen hier eine besondere Aufmerksamkeit, denn sie schreien oftmals nicht sofort „Hier!“, wenn Führungsstellen zu besetzen sind. Ich strebe eine strategische Nachfolgeplanung für alle Führungsebenen in der Douglas-Gruppe an. Ein Freund von pauschalen Weiterbildungsangeboten bin ich allerdings nicht.
Wie wollen Sie den Nachwuchs fördern?
Giesen: Ich möchte die potenziellen Führungskräfte kennenlernen. Zudem müssen sie individuell gefördert
werden, beispielsweise bei fachlichen Themen wie betriebswirtschaftlichem oder Management-Know-how. Es müssen aber nicht immer Seminare sein, sondern sie können auch neue Aufgaben bekommen, in neue Projekte einbezogen werden oder einen Coach – eine Douglas-Führungskraft oder jemand von außen – an die Seite gestellt bekommen. Hier ist es wichtig, unsere erfahrenen Führungskräfte einzubeziehen. Generell muss sich die Douglas-Gruppe auf den demografischen Wandel einstellen: Wie kommen wir an unseren Nachwuchs, welchen Mitarbeiterbedarf werden wir haben? Dazu wollen wir unsere bereits sehr gute Ausbildungsquote erhöhen. Derzeit bildet Douglas in Deutschland knapp 1.500 junge Menschen aus – bei etwa 15.000 Beschäftigten im Inland.
Welchen Rat geben Sie Frauen, die beruflich vorankommen möchten?
Giesen: Eine gewisse Beharrlichkeit braucht man schon. Wichtig ist, dass sie sehr gute Leistungen bringen, einen kompetenten Job machen und dabei authentisch bleiben. Auch Auslandserfahrung ist von Vorteil. In unserer globalisierten Welt sind interkulturelle Erfahrungen sehr wichtig – und persönlich eine Bereicherung.
Was sind für Sie die wichtigsten Werte im Berufsleben?
Giesen: Vertrauen, Respekt und Wertschätzung.